Die EM als Riesengeschäft
: Beschiss ohne Ende

La Kolumnevon Johannes Kopp

Kürzlich zwischen Marseille und Lyon: Auf den ersten Blick steigt da nur eine ganz gewöhnliche kleine Gruppe deutscher Fans in den Zug ein. Zu erkennen an den üblichen Fanutensilien. Mützen, Trikots mit dem Adler, das Übliche eben.

Im Nu aber verwandeln sie den Großraumwagen in ein mobiles Büro. Sie zücken ihre Mobiltelefone, legen Mappen und Briefumschläge mit Dutzenden von Eintrittskarten vor sich auf den kleinen Klapptischchen ab. Von einem albanischen Mittelsmann auf dem Schwarzmarkt in Lyon ist die Rede. Und in einer Art Minikonferenz wird kurz die Strategie besprochen. Mit welchem Gebot will man für den Kartenverkauf in die Verhandlungen gehen, welcher Ertrag muss am Ende in jedem Fall herausspringen. Was tun, wen Szenario B oder C eintritt.

Man merkt sofort, hier sind Profis am Werk. Über Internetbörsen sind sie an den begehrten Stoff gekommen, den sie nun verticken. Sie verfügen über Kontaktpersonen und Netzwerke.

Diese Europameisterschaft ist ein Riesengeschäft. Allein die Uefa hat bereits bei ihrem letzten Turnier 1,4 Milliarden Euro eingenommen. Es gibt viele Profiteure. Sportartikelhersteller, Hotels, die Gastronomie. Die Erlöse fließen bis in die kleinsten Verästelungen.

Wie sich aber selbst Fans erfolgreich an dieser Geldmaschine bedienen, ist mir so plastisch noch nie vorgeführt worden. Sogar bei der Resteverwertung beweisen diese Handelsreisenden ihr goldenes Händchen. Alte Eintrittskarten werden versteigert. „Ich stell die Tickets vom Spiel England gegen Wales für 50 Euro ins Netz, für die Hälfte wird schon einer zugreifen“, erklärt einer. Die Kommerzialisierung des Fußballs treibt immer absurdere Blüten.

„Hoffentlich werden wir hier nicht beschissen“, sagt einer kurz vor dem Ausstieg in Lyon. „So wie wir die anderen bescheißen?“, entgegnet lachend ein anderer. Die Geschäftsprinzipien der Uefa sind an der Basis angekommen.