Soll der Bundestag abstimmen dürfen?
Ein Contra von Klaus Hillenbrand

Die Gegner des Ceta-Abkommens sind zufrieden, weil nun doch auch alle nationalen Parlamente der Europäischen Union ihre Zustimmung über das Freihandelsabkommen abgeben sollen. Dies mag inhaltlich ein Erfolg sein, für die europäische Demokratie bedeutet es nichts Gutes. Denn diese vordergründig nach mehr Demokratie klingende Entscheidung demontiert in Wahrheit die Demokratie in Europa. Anders gesagt: Mit dieser falschen Entscheidung gießt die EU-Kommission Wasser auf die Mühlen ihrer rechtspopulistischen Gegner, die zurück in ihre nationalen Schneckenhäuser streben.

Die alleinige Abstimmung durch das Europäische Parlament hätte eben kein Demokratiedefizit dokumentiert – im Gegenteil. Dieses Parlament ist demokratisch gewählt worden und dazu da, um über gemeinsame europäische Angelegenheiten zu entscheiden. Welche Gründe sollte es geben, ihm diesen Anspruch abzusprechen? Soll das EP etwa weniger zu bestimmen haben als 27 Einzelinstitutionen?

Wer es richtig findet, dass nationale Parlamente bei europäischen Entscheidungen mehr bestimmen sollten, weil es gerade um die Herzensangelegenheit des Ceta-Abkommen geht, dokumentiert ein taktischen Verhalten gegenüber dem bisschen Demokratie, das wir auf europäischer Ebene besitzen. Er macht das EP zu einer Volksvertretung minderer Güte, dessen Entscheidungen nicht zu trauen ist, so als ob der Bundestag oder die französische Nationalversammlung für eine wahrere Volksvertretung stünden.

Nach der Brexit-Entscheidung wäre es an der Zeit, Flagge zu zeigen. Ja, die europäische Demokratie ist unvollständig. Aber es ist fatal, wenn diese noch weiter geschwächt wird, weil wir glaubten, damit EU-kritischen Nationalisten einen Gefallen zu tun. Das einzige Ergebnis wird sein, dass die Akzeptanz der EU und ihres Parlaments noch weiter unterhöhlt wird. Klaus Hillenbrand