PROMINENTEN BIETET DER STADTRAND OPTIMALE MÖGLICHKEITEN ZUR ENTFALTUNG
: Bei Diekmeiers zu Hause

Foto: privat

AM RAND

Klaus Irler

Promis gibt es einige in Niendorf, sie ziehen raus an den Stadtrand, weil sie ihre Ruhe haben wollen oder die Beschaulichkeit mögen oder beides. Am Stadtrand lassen sich Einfamilienhäuser mit großen Gärten bewohnen, ohne dass es auffällt, weil es viele Einfamilienhäuser mit großen Gärten gibt. Am Stadtrand ist jede kleinbürgerliche Anwandlung möglich. Sollte einer der Promis mal nicht kleinbürgerlich sein wollen, pflanzt er einfach höhere Hecken.

Ein besonderer Vertreter der Niendorfer Promis ist Dennis Diekmeier. Der 26-jährige HSV-Fußballer hat um sein Haus auch hohe Hecken gepflanzt, aber er hat gewissermaßen Löcher in das Grün geschnitten und alle eingeladen, sich anzuschauen, was in der Familie Diekmeier so läuft. Die Löcher in Diekmeiers Hecke sind Fotoalben, die er auf Instagram veröffentlicht, und auch einige Videos: glaubhaft selbst produziertes Smartphone-Material.

Wer „Diekmeier“ googelt, stößt sofort darauf – die Fotos sollen gesehen werden und öffentlich machen, was bei anderen Leuten privat wäre. Ein Foto von Diekmeiers drittem Kind, aufgenommen im Krankenhaus direkt nach der Geburt? Hier ist es. Frau Diekmeier im Bikini am Urlaubsstrand, einige Wochen nach der Geburt? Beeindruckend, wie schlank sie schon wieder ist. Der Sohn mit HSV-Schnuller und-Trikot? Oft und gerne. Diekmeiers Tattoos auf dem durchtrainierten und braun gebrannten Oberkörper? Könnte Werbung für Shorts sein. Diekmeiers durchtrainierter Oberkörper, das Baby im Arm? „Wie kann man so toll sein“, kommentiert Userin Catharina – „ich schmelze dahin“.

Mit seiner Webpräsenz nimmt Diekmeier der Boulevardpresse die Arbeit weg. Er steuert, was in der Öffentlichkeit auftaucht, durch eine Form vorauseilenden Gehorsams. Das findet sein Berater wahrscheinlich ziemlich schlau, aber für die Fans ist es problematisch. Denn das Bild, das Diekmeier von sich und seiner Familie zeichnet, hat keine Brüche. Ein Typ mit dem Aussehen eines Models, Fußballprofi, reich, dazu Familienmensch, super Papi und glücklich verheiratet: Welcher erwachsene Mensch soll das interessant finden?

Diekmeier setzt sich damit derart an die Spitze einer disneyfizierten Vorstellung vom Glück, dass ein Kontakt zur Basis nicht mehr möglich ist. Der Preis dafür ist ein ständig von Arbeit unterbrochenes Familienleben. Denn das Diekmeier-Lächeln auf den Fotos wirkt aufgesetzt, es ist immer gleich – und identisch mit dem Lächeln, wenn er HSV-Termine wahrnimmt.

Glaubhaft ist aber, dass Diekmeier gerne in der Vorstadt wohnt. Aufgewachsen ist er im niedersächsischen Tedinghausen, Kreis Verden, 7.500 Einwohner. Seine Frau kommt aus Helmstedt, 23.000 Einwohner. Hamburg-Niendorf hat rund 40.000. Die Diekmeiers mögen es überschaubar. Damit sich das Glück besser kontrollieren lässt.