Der Fleischskandal weitet sich aus

Insgesamt wurden 2.500 Tonnen Schlachtabfall zu Lebensmitteln umdeklariert, sagt Minister Werner Schnappauf. Das für Menschen ungeeignete Material ging nicht nur nach Bayern, sondern auch in andere Bundesländer – und ins Ausland

AUS MEMMINGEN KLAUS WITTMANN

Weit mehr als die zunächst angenommenen 1.700 Tonnen Fleisch- und Knochenabfälle wurden nach Informationen des Bayerischen Verbraucherschutzministeriums von einer niederbayerischen Firma an Lebensmittelfirmen geliefert. Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf sagte im Gespräch mit der taz: „Die zuständigen Beamten haben inzwischen die Menge konkreter erfassen können. Es handelt sich um eine Größenordnung von rund 2.500 Tonnen so genannter K3-Schlachtabfälle, die zur Lebensmitteltauglichkeit umdeklariert worden sind.“

Dieses Material sei nicht nur an zwei Betriebe in Bayern geliefert worden, sondern auch nach Italien, Frankreich und Ungarn sowie nach Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen. Die belieferten Firmen hätten nicht gewusst, dass es sich um Kategorie-3-Material handelt. Die Fleisch- und Knochenreste sind für den menschlichen Verzehr nicht geeignet und dürfen nur zur Herstellung von Hunde- und Katzenfutter verwendet werden. Schnappauf kündigte die volle Härte der Strafverfolgung an und er sagte, die Veterinär- und Lebensmittelkontrolleure seien an den entsprechenden Orten im Freistaat bereits mit intensiven Ermittlungen beschäftigt. Die betroffenen Bundesländer und auch die EU-Staaten seien informiert worden.

Nicht klar sei bislang, in welchen Lebensmitteln die Schlachtabfälle verarbeitet wurden und wie viel davon bereits in den Handel gelangt ist. Was immer zurückzuholen sei, werde durch eine von ihm veranlasste Rückrufaktion aus den Regalen genommen, dazu bedürfe es aber weiterer konkreter Daten.

Unabhängig von den Ermittlungen in Bayern gibt es aus der Schweiz eine Bestätigung dafür, dass das Tierfuttermaterial tatsächlich in Deutschland manipuliert wurde. Cathy Maret, die Sprecherin des Bundesamts für das Veterinärwesen in Bern, sagte der taz, dass tatsächlich Kategorie-3-Material von einer Schweizer Firma an die besagte niederbayerische Firma geliefert wurde. „Wir haben die Schweizer Firma mehrmals kontrolliert. Die Ware war bis zum Zoll richtig deklariert – und zwar als für den Menschen ungeeignet.“

Nach der BSE-Krise sei in der Schweiz eine europaweit einmalige Sondereinheit gebildet worden – die BSE-Einheit –, die ämterübergreifend tätig sei. Seither gebe es eine lückenlose Kontrolle aller Produktionsvorgänge im Fleischbereich. Die Manipulationen könnten erst im Empfängerland, also in Deutschland, erfolgt sein. Für die juristische Aufarbeitung ist die Frage, wo die vermutete Umettikettierung erfolgt ist, von Bedeutung.

Der bayerische Verbraucher- und Umweltschutzminister sagte, auf die Schweizer Sondereinheit angesprochen, dass auch er prüfen lasse, ob der „Mobile Veterinärdienst“ in Bayern noch weiter ausgebaut werden könne, um solchen üblen Machenschaften noch schneller auf die Spur zu kommen.