Mayonnaise ist ein zähes Produkt. Sie erfordert Kraft

In Herne verkaufte ich holländische Fritten und Frikadellen mit Spitzenhütchen

Ich habe schon sehr viel Zeit auf Weihnachtsmärkten verbracht: In der Oberstufe jobbte ich zwei Jahre auf dem Markt in Herne, während des Studiums auf dem am Kölner Dom. Beide Jobs waren durchaus bescheiden. In Herne verkaufte ich holländische Fritten und Frikadellen, verkleidet in eine holländische Tracht mit Spitzenhütchen. Ich habe schwarzes Haar und dunklere Haut – es sah also irre authentisch aus.

Seitdem verbinde ich das wichtigste Fest der Christenheit mit Mayonnaise. Vor welcher ich übrigens ziemlichen Respekt habe. Denn was viele nicht wissen: Mayonnaise ist ein zähes Produkt, sie auf die Pommes zu drücken erfordert Kraft. Leider essen 90 Prozent der Menschen ihre Fritten mit Mayo, entsprechende Schulterschmerzen brachte mir der Job auch ein. Ganz abgesehen von der Peinlichkeit, der man sich in solch einer Kleinstadt aussetzt, in der jeder jeden kennt.

In Köln verkaufte ich mexikanische Burritos, genau gegenüber der Bühne. Während alte Damen ihre schiefen Chorgesänge von sich gaben (Vorsicht! Tinnitusgefahr!), hantierte ich mit roten Bohnen und wurde immer unfreundlicher. Wenn einen ständig Menschen mit blinkenden Nikolausmützen und Glühweinatem lallend reizen, wird man automatisch zu einem Menschenfeind. Eines haben mich die beiden Jobs gelehrt: Niemals auf dem Weihnachtsmarkt essen! Wirklich niemals! Es ist absolut unhygienisch, dreckig und versifft hinter den Kulissen.

Meistgehörter Song: „Last Christmas“ von Wham – gefühlte Wochen am Stück.

Meistverkauftes Produkt: Pommes mit Mayo.

Meistgehörter Spruch: Beim Holländer: „Sie sind aber schwer multikulturell.“ Beim Burito-Stand: „Sind Sie Mexikanerin?“

CIGDEM AKYOL, taz2/Medien