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Der lange Weg zum Atomklo

Abfall Zwei Jahre Arbeit – und trotzdem weiter Zoff um Gorleben: Die Endlagerkommission einigt sich auf Kriterien für die Suche nach einem Standort für den deutschen Nuklearmüll. Nicht alle sind einverstanden

Hier kommt der Atommüll jetzt vielleicht doch nicht hin: Versuchsendlager im Salzstock Gorleben Foto: Michael Danner/laif

von Bernhard Pötter

BERLIN taz | Ein genau festgelegtes Verfahren für die Suche, geologische Kriterien, mehr Rechte für Bürger, neue Behörden – und keine Klärung, ob Gorleben als atomares Endlager für Deutschland infrage kommt: Das sind die Ergebnisse von zwei Jahren Arbeit der Endlagerkommission.

Am frühen Dienstagmorgen stimmte eine Mehrheit der 33 Mitglieder nach 13 Stunden Sitzung der Endfassung des Reports „Verantwortung für die Zukunft“ zu. Es sind Empfehlungen für eine Zeit in ferner Zukunft. Es geht darum, wie der hochradioaktive deutsche Atommüll – insgesamt sind es über 10.000 Tonnen Kernbrennstäbe – eine Million Jahre lang sicher gelagert werden kann. Und sie sind unscharf genug, dass bis auf den Vertreter des Umweltverbands BUND fast alle Experten zustimmen könnten. Auch die Vertreter Sachsens, des Stromkonzerns Eon und der Linkspartei kündigten ein „Sondervotum“ an, um bis Mittwoch ihre Einwände zu Protokoll zu geben.

Für den über 600 Seiten dicken Bericht haben sich WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen, Vertreter von Umweltverbänden, Stromkonzernen, Gewerkschaften und Kirchen durch die komplizierte Materie gewühlt. Nach geltendem Recht soll ab 2018 und bis 2031 ein Endlager gesucht, ab 2050 soll eingelagert werden. Die Kommission nennt diesen Zeitrahmen nun „unrealistisch“, man benötige Jahrzehnte länger dafür.

Gleichzeitig plädiert sie für mehr Information und Transparenz für die Bevölkerung, ein „nationales Begleitgremium“ für den Prozess und ein neues „Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit“. Der Standort soll erst überirdisch und später unter Tage gesucht und dabei soll streng geprüft werden, wie gut er den Müll von der Umwelt abschirmt, alle Kriterien sollen gleichgewichtig sein. Der Export von Atommüll wird verboten, auch nach dem Verschluss soll die Rückholung noch für 500 Jahre lang möglich sein.

„Vorfestlegung auf Gorleben ist vom Tisch“

Stefan Wenzel (Grüne), niedersächsischer Umweltminister

Für die strittigen Fragen wurde in der entscheidenden Montagssitzung noch um Kompromisse gerungen: So bleibt es bei umfassenden Klagemöglichkeiten von Anwohnern schon früh im Verfahren. Die Außenhülle der wahrscheinlich 1.900 Behälter darf nicht mehr als 100 Grad Celsius heiß sein.

Weiter unklar: Was passiert mit dem seit Jahrzehnten umstrittenen Standort Gorleben? „Die Präferenz für Salz ist aufgehoben“, meinte die grüne Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl. Und die Kommission schlug vor, dass auch Gesteinsformationen mit weniger als 100 Metern Dicke infrage kommen sollen – das ermöglicht eventuell ein Lager im Granit als Alternative zum Salzstock Gorleben. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) lobte, die „jahrzehntelange Vorfestlegung auf Gorleben ist vom Tisch“.

Wie sehr Gorleben das Verfahren belastete, zeigen die Seiten 158 bis 187 des Endberichts. Hier wird die Geschichte Gorlebens in zwei Versionen erzählt: der der Gegner und der der Befürworter. Die einen betonen die politischen Tricksereien, die anderen die wissenschaftlichen Arbeiten. Die Schlussfolgerung der Gegner, dass „Gorleben politisch nicht durchsetzbar“ sei, führte im Mai zum Eklat – und verschwand aus dem Text. Dafür fügte die Kommission auf Betreiben ihres Mitglieds Ralf Meister, evangelischer Bischof von Hannover, einen Passus ein, der „bedauert, dass sich die Kommission nicht auf eine gemeinsame Sicht einigen konnte“.

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