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Recht auf Abtreibung gestärkt

USA Das Verfassungsgericht bleibt bei seiner Haltung zum Schwangerschaftsabbruch. Die Regierung von Texas ist entsetzt. Obama und Clinton begrüßen die Entscheidung

Freude und Erleichterung nach dem Urteil in Washington Foto: Evan Vucci/ap

Aus Washington Frank Herrmann

In einem Punkt sind sich Befürworter und Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen einig: Der oberste Gerichtshof der USA hat die seit 25 Jahren wichtigste Entscheidung zum Recht auf Abtreibung getroffen, indem er restriktive Paragrafen des Bundesstaats Texas kassierte. Damit ist garantiert, dass der Wahlkampf einmal mehr im Zeichen erbitterter Kulturkämpfe stehen wird.

Mit fünf zu drei Stimmen annullierte die Richterrunde, seit dem Tod des konservativen Juristen Antonin Scalia vorübergehend auf acht reduziert, ein texanisches Gesetz, das nach Ansicht der Mehrheit nur dazu diente, Abbrüche zu erschweren. Demnach konnten Ärzte Abtreibungen nur vornehmen, wenn sie zugleich in einem Krankenhaus zugelassen waren, das nicht weiter als 30 Meilen (knapp 50 Kilometer) von ihrer jeweiligen Klinik entfernt lag. Außerdem musste die Ausstattung einer Abtreibungspraxis der einer chirurgischen Notaufnahme zu entsprechen.

Eine Mischung aus Schikane und immensem Kostenaufwand, protestierte das liberale Amerika und verwies auf den Kahlschlag, der den Bestimmungen folgte. Gab es 2013 noch 44 Abtreibungskliniken in Texas, so sind es heute 19, die fast alle in Großstädten liegen. Daher vertrauten sich Frauen in den ländlichen Gebieten eher einem Pfuscher in der Nähe an.

Es geht aber nicht nur um Texas. 23 weitere US-Staaten, in aller Regel von Republikanern regiert, haben ähnliche Novellen verabschiedet. Kentucky verlängerte die Wartezeiten, South Carolina untersagte Eingriffe ab der zwanzigsten Woche. Wisconsin folgte dem Beispiel der Texaner. Es war, so die Mehrheit des obersten Gerichts, der Versuch, ein verbrieftes Recht durch raffinierte Manöver auszuhebeln.

Wenn ein Staat den Zugang derart erschwere, zwinge er Frauen und Mädchen in verzweifelter Lage förmlich dazu, sich Ärzten ohne Lizenz anzuvertrauen und damit ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, argumentierte Ruth Bader Ginsburg, die Lieblingsrichterin progressiver Amerikaner. Nach den Worten Stephen Breyers, der die Urteilsbegründung schrieb, schränken die texanischen Auflagen das Recht auf Abtreibung auf unangemessene Weise ein, weshalb sie gegen die Verfassung verstoßen. Anthony Kennedy, der sich mal seinen konservativen, mal seinen progressiven Kollegen anschließt, sah es ähnlich. Auf Kennedy, das Zünglein an der Waage, hatten die Konservativen gesetzt, bei einem Patt hätte sich Texas de facto durchgesetzt. So aber bejubeln Pro-Choice-Initiativen einen Erfolg, den Nancy ­Northup, Chefin des Zentrums für reproduktive Rechte, als klare Botschaft charakterisierte. „Politiker dürfen sich keiner Tricks bedienen, um Abtreibungskliniken zu schließen. Was durch die Vordertür nicht geht, darf auch durch die Hintertür nicht erlaubt sein“, sagte Northup.

Der Richterspruch bedeutet nicht das Ende des politischen Tauziehens

In den USA sind Schwangerschaftsabbrüche seit 1973 legal. 1992 urteilte das oberste Gericht, dass die Bundesstaaten zwar Details regeln, aber Frauen, die eine Schwangerschaft beenden wollen, keine unangemessenen Hindernisse in den Weg stellen dürfen. Dieses Prinzip hat das Gericht nun bestätigt.

Der Richterspruch bedeutet aber nicht, dass das politische Tauziehen nun beendet wäre. Die Verlierer sinnen nach Rache, auch wenn sie sich – gleichsam mit zugehaltener Nase – mit Donald Trump verbünden müssen. Trump, in Fragen wie Abtreibung oder Schwulenehe einst so liberal wie seine Heimatstadt New York, hatte zuletzt deutlich härtere Töne angeschlagen und sogar dafür plädiert, Frauen für Abtreibungen zu bestrafen. Der Unterstützung evangelikaler Christen kann sich der Milliardär sicher sein.

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