Anreiz zur unfreiwilligen Ausreise

MIGRATION Niedersachsen zahlt „Starthilfe“ an AsylbewerberInnen aus Montenegro, wenn sie freiwillig zurückreisen. Flüchtlingsrat lobt „humanitäre Geste“

Niedersachsen zahlt AsylbewerberInnen aus Montenegro ab 1. Juli eine Starthilfe, wenn sie in ihr Herkunftsland zurückkehren. Bis zum Jahresende befristet erhielten Erwachsene 300 Euro, Kinder unter zwölf Jahren 150 Euro, teilte das Innenministerium in Hannover am Montag mit. Die AsylbewerberInnen müssen vor dem 1. Januar nach Deutschland eingereist sein und in Niedersachsen wohnen.

„Mit diesem Programm unterstreicht die Landesregierung ihr Ziel, diejenigen bei einem Neuanfang in ihrer Heimat zu unterstützen, die hier bei uns keine Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt haben und freiwillig in ihre Heimat zurückreisen wollen“, erklärte Innenminister Boris Pistorius (SPD).

Montenegro sei ausgewählt worden, weil fast alle Asylsuchenden von dort in Niedersachsen untergebracht sind. Hintergrund ist, dass nur Asylanträge von Menschen aus den Hauptzugangsländern in allen Bundesländern bearbeitet werden. Asyl-Anträge von Menschen aus Montenegro hingegen werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nur in Niedersachsen bearbeitet, ebenso wie etwa Anträge von Menschen aus dem Sudan.

Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat sieht in den Hilfsgeldern eine „humanitäre Geste“. Zwar folge dies dem Kalkül, dass Menschen schneller wieder ausreisen, als sie müssten. Aber: „Der Rückkehrdruck ist allgegenwärtig und immens und die Perspektiven für diesen Personenkreis sind gleich null“, sagte Weber zur taz.

Montenegro gilt seit Oktober 2015 als „sicheres Herkunftsland“. Dabei gebe es Konstellationen, bei denen eine „kumulative Verfolgung“ bestehe, so Weber: „Es gibt Gruppen, etwa Roma, deren besondere Lebenssituation und extreme Ausgrenzung in der Summe eine politische Verfolgung darstellt“, so Weber. Das werde aber politisch anders gesehen und auch die Gerichte würde das aktuell nicht korrigieren. (taz/dpa)