Porträt: Auf den Spuren des Vaters
Andreas Toba war acht Jahre jung, als seinen Vater Marius das Gefühl beschlich, dass seinem Sohn eine neue Perspektive gut täte. Der ehemalige Weltklasseturner, der zunächst für Rumänien und später für Deutschland startete, erinnerte sich an seine frühen Jahre als Turner in seinem Geburtsland. Er habe stets gewusst, dass die rustikalen Trainingsmethoden dort kein Vorbild sein könnten, sagt er. Sie dürften aber – so damals sein Kalkül – dabei helfen, die Sinne zu schärfen.
Nachdem Andreas mal wieder geäußert hatte, dass er gerade keine große Lust auf das Training in seinem Hannoverschen Turnklub verspüre, fuhr sein Vater mit ihm kurzerhand in die alte Heimat. Er sollte dort einfach mal ein Training absolvieren. „Dann kam er aus der Halle und hat gesagt: ,Papa, ich werde nie mehr sagen, ich habe keinen Spaß'“, sagte Marius Toba.
Andreas bewahrte sich seine Freude am Turnen. Mehr noch: Durch das sichtbare Vorankommen auch auf nationaler Ebene wuchs sie stetig. Schon bald war klar, dass da ein riesiges Talent heranwächst, dessen Weg in die Männer-Auswahl des Deutschen Turner Bundes (DTB) führen würde. Dort angekommen, stand der Athlet des TK Hannover jahrelang im Schatten von Fabian Hambüchen oder Marcel Nguyen.
Am Sonnabend aber ging für Andreas Toba bei den Deutschen Meisterschaften ein Traum in Erfüllung: 22 Jahre nach seinem Vater Marius gewann er – wie dieser in Hamburg – erstmals den Mehrkampf-Titel. Der 25-Jährige setzte sich vor Nguyen und Philipp Herder durch. Zuletzt war Toba drei Mal hintereinander Zweiter geworden. Er brach damit auch zugleich die seit fünf Jahren anhaltende Rekordserie von Hambüchen, der insgesamt neun Mal Mehrkampf-Meister war.
„Seit sieben Jahren nehme ich an Meisterschaften teil, und das ist der erste Titel“, sagte Toba. Wie schon in seinen jungen Jahren war an diesem besonderen Tag wieder sein Vater in der Nähe – nicht als Trainer, sondern als Unterstützer auf der Tribüne der Sporthalle Hamburg. Von dort aus gab er dem Junior Tipps. „Der Vater war heute zufrieden, hat mir gleich nach dem Reck als Erster gratuliert. Aber ich war nicht ganz glücklich, weil ich am Reck noch etwas verschenkt habe“, meinte der Champion, der gestern auch noch in fünf der sechs Gerätefinale stand. Er holte sich noch an den Ringen Platz eins.
Für Toba steht in wenigen Wochen der vorläufige Karriere-Höhepunkt an. Seine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ist praktisch gesichert, auch wenn am 9. Juli in Frankfurt noch eine weitere Qualifikation folgt. Einen Tag später wird der DTB die Turner für Rio nominieren. GÖR
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