Eine seltene Fülle von Fehlleistungen

Der 1. FC Kaiserslautern und Borussia Dortmund betreiben Etikettenschwindel mit ihren Abwehrreihen. Profitieren können Lauterns Halil Altintop und BVB-Angreifer Ebi Smolarek. Beide erzielten beim 3:3 jeweils drei Treffer

KAISERSLAUTERN taz ■ Die Voraussetzungen für Borussia Dortmund, nach vier sieglosen Spielzeiten mal wieder als Gewinner vom Betzenberg herab steigen zu können, waren gut wie selten. Der Gegner nach drei Heimniederlagen in Folge verunsichert, die gefürchteten Fans auf der Westtribüne völlig frustriert und leise geworden – da durften sich die Gelb-Schwarzen schon etwas ausrechnen, um endlich ihren ersten Auswärtssieg zu landen. Doch selbst drei Tore von Ebi Smolarek reichten nicht zum Sieg. Der Rest-BVB suchte vergeblich das Niveau des Angreifers.

Die gefürchtete Betze-Power war schon vor Spielbeginn geschwächt. Die Lauterer Anhänger verharrten aus Protesthaltung hinter ihrer Tribüne und und verpassten Smolareks ersten Auftritt. Der Pole war früh Nutznießer eines Missverständnisses in der Abwehr des 1.FCK. Timo Wenzel spielte den Ball an seinem ihm entgegen laufenden Torhüter Jürgen Macho vorbei auf den Dortmunder Angreifer. Der zwischenzeitliche Ausgleich durch Halil Altintop in der 16. Minute war nur ein Schönheitsfehler, denn erneut war es Smolarek, der seinem Job nachging. Der Kameruner Lucien Mettomo, einer von vieren aus der Lauterer Katastrophenabwehr mit den meisten Gegentoren in der Bundesliga, hatte im Zweikampf mit Smolarek gepatzt.

Fünf Minuten vor der Pause schien für die Borussia Alles überstanden. Einen abgefälschten Schuss von Lars Ricken lenkte Torhüter Macho an die Latte, von wo er Smolarek vor den Schädel kam, der, zur Abwechslung per Kopfball, das 1:3 erzielte. Voraus gegangen war erneut ein schwerer Fehler von Marco Engelhardt, der den Ball im Mittelfeld verloren hatte. Der Trainer des 1.FCK, Michael Henke, sah nach dem Spiel „die Fehler in unserer Abwehr fast wie Eigentore“ und gestand, „ganz selten eine solche Fülle von Fehlleistungen erlebt“ zu haben.

„So ein Spiel darf man nicht mehr aus der Hand geben. Wir haben zwei Punkte liegen gelassen“, zeigte sich BVB-Coach Bert van Marwijk ähnlich erschüttert. Er bemängelte, dass seine Mannschaft nach der klaren Führung und angesichts ihrer spielerischen Überlegenheit die so greifbaren drei Punkte noch aus der Hand gegeben hatte. Der Spielaufbau bei den Roten Teufeln war mangelhaft, der BVB schaffte es dennoch nicht, das Spiel frühzeitig zu entscheiden.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit ersetzte Henke den schwachen Mettomo und den wirkungslosen Ciriaco Sforza durch Thomas Riedl und den iranischen Nationalspieler Ferydoon Zandi. Die Lauterer erhöhten den Druck, und der BVB beging in der Abwehr die Fehler, die zuvor die Gegenseite begangen hatte. Nach einer knappen Stunde Spielzeit setzte Skela Seitz ein, dessen Flanke Altintop, unbedrängt von Christian Wörns, zum 2:3-Anschlusstreffer einköpfte. Lauterns Bester, Boubacar Sanogo, Nationalspieler der Elfenbeinküste, war es, der nach 77 Minuten den Ball zu Riedl zurück passte, dessen Zuspiel Altintop, trotz Bedrängnis durch Kringe, zum 3:3 einschoss. Eine Minute später herrschte erneut Konfusion in der BVB-Abwehr, was Weidenfeller auf die Palme brachte, der prompt auf Christoph Metzelder los ging.

Feierten die Lauterer Anhänger und – angesichts ihrer bescheidenen Vorstellung – auch die Spieler das zur Pause fast nicht mehr für möglich gehaltene Unentschieden wie einen Sieg, so waren die Dortmunder maßlos enttäuscht. Für Smolarek war das Ergebnis, gerade wegen seiner drei Tore, am Schlimmsten: „Ich bin sehr enttäuscht, wir haben nicht so gut gespielt.“ Hat er wirklich „wir“ gesagt? GÜNTER ROHRBACHER-LIST