Reden statt schießen

Außenpolitik Professionelle Mediationstechniken tragen dazu bei, Konflikte oder Auseinandersetzungen zwischen Staaten zu lösen

Grenzen überwinden Foto: Fredrik Naumann/Panos Pictures/Visum

von Volker Engels

Diplomatie und Mediation werden oft in einem Atemzug genannt, es gibt aber wichtige Unterschiede. „Mediatoren haben in der Regel größere Handlungsspielräume, weil sie weniger auf nationale Interessen Rücksicht nehmen müssen“, sagt Christopf Lüttmann, Geschäftsführer des Berliner CSSP (Berlin Center for Integrative Mediation). Sie könnten einfacher mit Akteuren wie zum Beispiel der Hamas oder ostukrainischen Separatisten reden, als dies dem diplomatischen Korps möglich wäre. Zudem führen Gespräche jenseits der diplomatischen Ebene eben nicht dazu, dass „schwierige“ Gesprächspartner politisch aufgewertet werden.

Während Mediatoren in der Regel auf Freiwilligkeit und Konsens bauen, setzt die Diplomatie häufig Machtinstrumente ein, um Akteure an einen Tisch zu zwingen. Trotz dieses unterschiedlichen Rollenverständnisses sei „ein gutes Zusammenspiel von Mediation und Diplomatie wichtig“, unterstreicht Lüttmann.

Wie schwer es ist, einen „machtfreien und gleichberechtigten Raum“ zu schaffen, weiß Thomas Hüsken von der Universität Luzern: „Bei den meisten internationalen Konflikten sitzen Akteure am Tisch, die gar nicht mit im Raum sind und deshalb nur schwer in Lösungsprozesse eingebunden werden können.“ Deshalb sei das Resultat von Vermittlungsprozessen „oft ernüchternd, weil viele Akteure ihre Karten bis zum Letzten ausreizen“, so der Ethnologe, der unter anderem die UN im Libyenkonflikt beraten hat.

In internationalen Konflikten ist es oft wichtig, dass anerkannte Persönlichkeiten am Mediationsprozess mitwirken, die von allen Seiten respektiert werden. „Ein gutes Team von Mediatoren kann diese Persönlichkeiten mit seiner Expertise unterstützen“, sagt Brigitta von Messling vom Zentrum für internationale Friedenseinsätze (ZiF). Zudem gehe es darum, Diplomaten für die Möglichkeiten von Mediationsprozessen zu sensibilisieren. „Oft können gerade Diplomaten die Zugangspunkte identifizieren, an denen dann eine professionelle Media­tion mit ihren Werkzeugen ansetzen kann.“

Zu diesen Werkzeugen gehört es zum Beispiel, Interessen und Strukturen deutlich zu machen oder weitere wichtige Akteure zu identifizieren. Für eine gelungene Mediation, sagt Brigitta von Messling, zu deren Arbeitsschwerpunkten unter anderem die Mediation und Konfliktlösungsstrategien in Post-Konfliktgebieten gehört, seien zwei Faktoren wichtig: Persönlichkeit und Fähigkeiten. Persönlichkeit alleine, sagt auch Ethnologe ­Thomas Hüsken, reiche oft nicht aus: „Toni Blair hat als Vermittler im israelisch-palästinensischen Konflikt wenig erreicht.“

Teams mit ausgebildeten Mediatoren setzen auch internatio­nale Organisationen wie die OSZE, die UNO oder die EU ein. Die Mediation Support Unit der EU ist zum Beispiel im Europäischen Auswärtigen Dienst angesiedelt. Auch in Deutschland gewinnt die Unterstützung von internationalen Mediationsprozessen zunehmend an Bedeutung. „Als wirksames Instrument sowohl der Krisenprävention als auch der Konsolidierung von Frieden ist Friedensmediation ein unverzichtbarer Bestandteil des Werkzeugkastens der deutschen Diplomatie“, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Man müsse, „Krisenlagen rechtzeitig erkennen und wenn möglich entschärfen – durch Interessenausgleich, Mediation, Prävention“.

Unter dem Dach der Initiative Mediation Support Deutschland (IMSD) haben sich fünf deutsche Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, um die Mediation im öffentlichen Diskurs und der deutschen Außenpolitik stärker zu verankern. „Es gibt in Deutschland eine große Expertise, die man auch Staaten zur Verfügung stellen kann“, sagt Luxshi Vimalarajah, Programmdirektorin bei der Berghof Stiftung, die weltweit in Konflikt- und Krisenregionen arbeitet. Friedensmediation könne als effizientes und nachhaltiges friedenspolitisches Instrument in den Bereich der zivilen Krisenbearbeitung integriert werden. „Ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Auswärtigen Amt und nichtstaatlichen Akteuren sei „für beide Seiten wichtig und fruchtbar“.

„Dass Deutschland sich stärker engagiert, hat sicher auch damit zu tun, dass es internatio­nal eine gewisse Glaubwürdigkeit aufgrund der eigenen Nachkriegsgeschichte hat und seit vielen Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv ist“, betont Christopf Lüttmann.

Außerdem werde Deutschland als politisch und wirtschaftlich starker Akteur wahrgenommen. Denn schließlich gehe es auch immer darum, „die Ergebnisse, einer Mediation zu implementieren und damit langfristig zu sichern“, ergänzt Luxshi Vimalarajah.

http://www.friedensmediation-deutschland.de