Wochenschnack
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Bundeswehr lässt Kinder mit Handfeuerwaffen spielen

„Was wäre, wenn man sich den ganzen Militärkomplex einfach sparte und die verfügbaren Ressourcen in sinnvolle Dinge investierte wie Bildung, Naturschutz, Reisefreiheit per Bus/Bahn, Förderung der Menschen in den Dritte-Welt-Ländern?“

Hans Ali zu: „Kommentar – Jugendliche und Bundeswehr: Geschicktes Kalkül“, taz.de vom 15. 6. 16

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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Als ob schon alles klar ist

Massaker in Orlando War Islamismus das Motiv? Steht die Regenbogen-Community zusammen? Gibt es das „Wir“ der Homos? Ein paar Einwände

Sonntagnacht in Orlando: Trauer um die Getöteten Foto: ap

Kein Schwulenclub

betr.: „USA: Terror im Schwulenclub“, taz vom 13. 6. 16

Mit eurer Überschrift bewegt ihr euch in einer historischen Tradition, nämlich bestimmte Gruppen unsichtbar zu machen. Das Pulse ist kein „Schwulenclub“, es bezeichnet sich selbst als ein Ort der LSBTIQ-Community. Und es wurden nicht nur Cis-Männer getötet, wie euer Titel es vermuten lassen könnte.

SILKE BUSCH, Berlin

Unerträglich

betr.: „Terror im Schwulenclub“, taz vom 13. 6. 16

Stolpert eigentlich in der taz-Redaktion vor Herausgabe niemand über so eine Überschrift auf der Titelseite?

Die mediale Gewohnheit, LGBTI sprachlich auf homosexuell = schwul zu reduzieren, ist an sich schon unerträglich. Noch unerträglicher ist es aber, wenn die taz sich dem unreflektiert anschließt und keine eigenen, wahren Worte findet. Es gibt einige Begriffsalternativen, um alle Opfer zu würdigen und um einiges für die Sichtbarkeit von LGBTI zu tun: homosexuell/queer/LGBTI … Schade, da hätten wir von euch wirklich mehr erwartet! Und wir wünschen uns hier zukünftig eure Aufmerksamkeit und sprach­liche Sorgfalt! Danke.

ILONA MARQUARDT, Köln

Widersprüchlich

betr.: „Die Welt braucht den Regenbogen“, taz vom 14. 6. 16

Es ist ein widersprüchliches Phänomen, dass gerade in sehr männlich, frauenfeindlich und homoerotisch geprägten Gruppen eine starke Homophobie festzustellen ist.

Das betrifft in ganz ähnlicher Weise islamistische Gruppen und Gesellschaften, aber auch rechte Gruppierungen und Hooligans. Dieser Widerspruch scheint sich oft in Gewaltakten und Brutalitäten gegen andere Menschen Ausdruck zu verschaffen.

In den alten religiösen Texten wie Koran oder Bibel steht die Homosexualität nicht in heutigem Sinne zur Debatte. Es geht in der Hauptsache nur um die Sexualpraktik der Knabenliebe, die früher sehr verbreitet war und nicht in gutem Ruf stand. Leider sind die neueren Übersetzungen der alten Schriften irreführend und führen zu Verallgemeinerungen, die so nicht im historischen Kontext gesehen werden können

JOHANNES HUSTERT, Freising

Anderes Bild

betr.: „Die Welt braucht den Regenbogen“, taz vom 14. 6. 16

Es ist ein strukturelles Problem der Medien, die immer Sachen erklären müssen, die noch gar nicht klar sind.

So stehen in der heutigen taz mehrere Artikel zu Islamismus und Homophobie, als ob schon ganz klar geworden sei, dass der Attentäter ein überzeugter Islamist ist. Im Laufe des Tages kamen jedoch mehrere Zeugen, die ein ganz anderes Bild vermittelt haben: So hat der Mörder in der Vergangenheit seine Frau geschlagen und sich gewalttätig gegen andere verhalten. Er hat sich in schwulen Bars öfter betrunken und war bei schwulen Apps wie Jack’d und Grindr angemeldet. Er litt anscheinend an geistigen Störungen, wollte Polizist werden, ist als homophob und rassistisch aufgefallen, äußerte Sympathie für al-Qaida und für deren Erzfeind Hisbollah gleichzeitig, hatte keine engen Freunde und liebte Waffen. Selbst das FBI geht davon aus, dass er keinen Kontakt zu islamistischen Organisationen hatte.

Als Nichtjournalist kann ich zugeben, dass ich nicht weiß, was genau ihn zu einem Massenmörder machte – vielleicht werden wir es nie genau wissen. Aber dass vieles darauf hinweist, dass hinter seinem Gewaltakt ganz klar individuelle und gesellschaftliche Beweggründe standen (ganz zu schweigen von der US-amerikanischen Waffenepidemie), die mit „dem Islam“ und der salafistischen Doktrin sehr wenig zu tun hatten, darf nicht ignoriert werden.

Dass ausgerechnet in der taz das exakte Gegenteil konstruiert wird, ist eine gefährliche Entwicklung.

YOSSI BARTAL, Berlin

Schmerzhaft

betr.: „Der falsche einsame Cowboy“, taz vom 15. 6. 16

Danke für diesen schmerzhaften, kritischen Beitrag, lieber Jan Fed­dersen.

Auch die anderen Kommentare zu diesem Thema geben den Betroffenen in der Community, zu der auch ich gehöre, eine Stimme, wo unsere eigene Gemeinschaft oft stumm bleibt. Dieser hier macht den Kampf des Individuums und die Bedeutung auch in unserer Gesellschaft spürbar. RALF KOMITSCH, Berlin

I am gay

betr.: „Gemeint waren wir“,taz vom 14. 6. 16

Was waren wir nicht schon alles: voller Stolz und Patriotismus Papst – auch Menschen, die gar nicht katholisch sind; und Weltmeister – auch solche, die noch nie Fußball gespielt haben; Solidarität demonstrierend und den sogenannten europäischen Wertekanon hochhaltend Charlie Hebdo und Brüssel.

Und jetzt: Wo sind die Fahnen, Schilder, Buttons usw. „I am gay!“? KIRSTEN DIERCKS, Hamburg

Einseitig

betr.: „Pathologische Homophobie“, taz vom 14. 6. 16

Der Fokus des Artikels von Daniel Bax ist sehr einseitig. Ja, islamistische Hassprediger befürworten Gewalt gegen Schwule beziehungsweise hetzen gegen sie. Aber auch fundamentalistische Christen und orthodoxe Juden hetzen gegen alle Lebensentwürfe jenseits der monogamen Ehe von Mann und Frau – nicht selten verbunden damit, diesen ihr Lebens-/Existenzrecht abzusprechen. Ich finde, da besteht nur ein gradueller Unterschied, zwischen den monotheistischen Religionen – zumindest der jeweiligen extremen, fundamentalistischen Ausprägungen davon.

TARJA MARKS, München

Teil eines „Wir“?

betr.: „Keine große Solidaritäts­geste“, taz.de vom 14. 6. 16

Wer möchte große Solidaritätsgesten und für was? Und von welchem „Wir“ sprecht ihr bei der taz eigentlich immer?

Ich bin als Schwuler jedenfalls exakt genauso erschüttert, wenn 50 heterosexuelle Menschen sterben. Mir geht es echt gehörig auf den Zeiger, in diesen identitären Debatten als Teil eines „Wir“ vereinnahmt zu werden.

Ein Mensch ist ein Mensch und ein getöteter Mensch ist einer zu viel. Kommt mal in der Aufklärung an und nehmt den Rechtsstaat ernst. Ich möchte von Gesetz und Staat nicht benachteiligt werden, das fordere ich von Merkel.

Vereinnahmende, vermeintlich liebevolle Gesten, in denen meine Identität irgendeiner Gruppe oder Community zugeschlagen wird? Nein, danke! RELATION, taz.de

Aufgefallen

betr.: „Pathologischer Hass auf Homos“, taz.de vom 14. 6. 16

„Dafür gibt es in den liberalen Gesellschaften Frankreichs, Südafrikas und den USA heute sogar Imame, die offen schwul sind und gleichgeschlechtliche Paare trauen“, schreibt Daniel Bax.

Herr Bax, ist Ihnen aufgefallen, dass sich unter den „liberalen Gesellschaften“ keine muslimisch „geprägte“ befindet?

JÜRGEN MATONI, taz.de