LeserInnenbriefe
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Kappes nicht weiterverbreiten

betr.: „Rente und Demografie: Wir leben einfach zu lange“,taz vom 14. 6. 16

Das kommt also heraus, wenn Versicherungsunternehmen sich Gedanken um die Zukunft machen. Wir können zwar das Wetter in sechs Monaten nicht mal annähernd vorhersagen, aber von den Konzernen bezahlte sogenannte WissenschaftlerInnen haben eine Versorgungslücke ab 2035 entdeckt. Und die lässt sich überraschenderweise nur durch private Zusatzversicherungen bei eben genau diesen Konzernen schließen.

Ganz so, als hätte es die Pleiten der privaten Versicherungen in den USA – Enron & Co. – nicht gegeben, wo Millionen Menschen ihre gesamte Altersversorgung verloren haben und vor dem Nichts standen.

Ganz so, als dürfte niemals jemand an der Beitragsbemessungsgrenze rütteln, die für alle monatliche Einkommen über rund 5.200 Euro die Beiträge festfriert. Schon das alleine würde die Bezieher von Millionengehältern in gleicher Weise an der Rentenversicherung beteiligen – also worauf warten wir noch? Ganz so, als müssten Beamte und Beamtinnen und Selbstständige für alle Ewigkeit von Rentenbeiträgen befreit bleiben.

Nein, seriöse Studien sehen anders aus. Diesen Kappes muss man nicht weiterverbreiten. UWE BARKOW, Frankfurt am Main

Rente nach Arbeitsjahren

betr.: „Rente und Demografie: Wir leben einfach zu lange“,taz vom 14. 6. 16

Wer Zeit hat, möge mal über den Friedhof von Neumünster (Schleswig-Holstein) gehen. Neumünster ist eine typische Arbeiterstadt und das durchschnittliche Sterbealter auf diesem Friedhof liegt bei 75 Jahren.

Die Phrase „Wir leben einfach zu lange“ bagatellisiert die Tatsache, dass die Einzahler zu kurz einzahlen und die Nutznießer zu lange leben. Die Nutznießer haben in der Regel keine 45 Jahre eingezahlt, sondern sind erst mit 30 ins Berufsleben eingestiegen. Wer weniger arbeitet, lebt länger.

Das Renteneintrittsalter sollte nicht auf ein Lebensalter festgesetzt werden, sondern nach 45 Arbeitsjahren eintreten.

Arbeiter, die mit 16 ihre Lehrstelle antreten, hätten dies folglich mit 61 Jahren erreicht und Politiker und Akademiker, wie der Herr Ehrentraut, folglich mit 75 Jahren.

ARNE MATSCHINSKY, Hamburg

Ein Bauernopfer

betr.: „Verkehr: Mister S 21 schmeißt hin“, taz vom 16. 6. 16

Kein Zweifel, Stuttgart 21 entwickelt sich genauso, wie seine Kritiker es vorhergesehen haben. Die Stuttgarter sollten schon einmal – um nicht ganz abgehängt zu werden – den Bad Cannstatter Durchgangsbahnhof für schnelle Züge bauen. Mit S 21 scheitert gleichzeitig die Politik des Einlullens, die bis nach Berlin reicht und Grüne zahnlos macht.

Aber, wie auch der Spiegel diese Woche darstellt: Die Bahn steht unter dem CSU-Verkehrsminister, der eher auf Toll-Collect hört und daher nichts gegen viele Lkws auf den Straßen hat und sonst nur Bayern kennt, auf dem Abstellgleis.

Überall auf der Welt hat die Bahnindustrie Hochkonjunktur; es ist absehbar, dass in sehr kurzer Zeit chinesische Züge vom Iran nach China auf der Seidenstraße unterwegs sind, auch unsere Nachbarstaaten kümmern sich um neue und schnellere Verbindungen. In Deutschland stoppen Lokführer ihre ICEs auf freier Strecke einer Neubaulinie, weil sie kein Vertrauen in das Material haben. Neue Züge warten jahrelang auf ihre Zulassung, von Neuentwicklungen keine Spur.

Gegenüber diesem Desaster an der Spitze des Verkehrsministeriums und dem Bahnvorstand ist Planer Volker Kefer nur ein Bauernopfer. DIETMAR RAUTER, Kronshagen

Nichts mehr fragen

betr.: „Quatsch. Pack das bloß wieder weg“ von Gareth Joswig,taz vom 15. 6. 16

1. Am Dienstag habe ich mir die letzten fünf Minuten des Ballspiels Portugal vs. Island angesehen. Mehr habe ich mutwillig von der EM noch nicht gesehen, aber gelesen.

Direkt nach dem Schlusspfiff begann die ZDF-Crew das Spiel zu deuten. Ich kannte Oliver Kahn bislang nur als Fußballspezialisten, der immer alles weiß und das auch noch sagt. Er hat wohl einen bemerkenswerten Aufstieg im ZDF gemacht, da er jetzt auf dem Stuhl saß, auf dessen Rückenlehne „ZDF-SPEZIALIST“ stand. Der Sender scheint keine eigenen mehr zu haben, sodass er auf andere angewiesen ist. Eine Minute zuhören genügte, um zu merken, dass Kahn ein „Allgemeingeplänkel-Spezialist“ ist und stark an Beckenbauer-Äußerungen erinnert.

2. In der Mittwoch-taz stand ein ganz interessanter Artikel zum Steilpass. Was die ARD darüber zu f(l)achsimpeln vermochte, war in der taz nett dargestellt worden. Ich bedanke mich aber bei der ARD für neue Erkenntnisse des Simpelns.

3. Über Löööööw und seine Mannen gibt’s jeden Tag gleichwertige, langweilige Bilder, selbst in der „Tagesschau“, die drei Minuten Sendezeit verbrauchen: Ankunft mit Bus, sehr enge Einfahrt – bissl Gedribbl uffm Platz – Löööws Ballgewandtheit – seinen himmelwärts gewandten Blick (der mir sofort allerhöchste Konzentration suggeriert), wenn er Statements zu irgendeiner/m (jeden Tag wiederkehrender/n) Sache/Situation/Gegner abgibt. Warum (und wer?) hat gefragt, denn es gibt nur seine Om-verklärte Antwort.

Wann haben diese Sender ein Einsehen und fragen einfach nichts mehr? JOHANNES HASCHKE, Bochum