THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Theater, das ist ja neuerdings oft auch Religionsunterricht, seit uns die Religion wieder an jeder Ecke behelligt: als Terrorsystem und fundamentalistische Ideologie, die unsere bürgerlichen Errungenschaften wie Freiheit und Gleichheit und die offene Gesellschaft bedroht. Die Theater, lange stolze Orte der bürgerlichen Kultur, zu deren wichtigen Errungenschaften auch die Trennung von Staat und Religion gehört, spüren jetzt dauernd dem Thema Religion nach. Sind sie auch schon vom Reli­gionsterror infiziert? Doch vielleicht geht das gerade nicht anders. Vielleicht gehört das Thema raus aus den muffigen Ecken der Ideologen und Rattenfänger. Vielleicht muss es ganz offen dort verhandelt werden, wo sich die bürgerliche Gesellschaft einst dafür ein Forum schuf: im Theater eben. Also nach Neukölln geschaut, wo gefragt wird: „How long is Paradise?“ Der Abend des Jugendclubs Active Players NK will wissen, was Glauben ist und woher man überhaupt weiß, was man glaubt (Heimathafen Neukölln: „How long is Paradise?“, 16., 17., 18. & 22. 6. jeweils 19.30 Uhr).

Wer sind wir? – diese Identitätsfrage wird ja auch von Rassisten und Nationalisten gestellt. Und unschön beantwortet: weil hier wieder Fragen von Blut und Boden von Religion und überkommenen Zuschreibungen eine Rolle spielen. Damit beschäftigt sich der neue Abend von Falk Richter „Città del Vaticano“, der am Schauspielhaus Wien entstand und nun zwei Tage im Gorki-Theater gastiert (Gorki Theater: „Città del Vaticano“, 17. & 18. 6. 19.30 Uhr).

Weil das nahende Spielzeit­ende immer auch die Zeit der Theaterjugendclubs ist, sei auf P14, den Club der Volksbühne, verwiesen. Lange Jahre war er eine Talentschmiede für den Nachwuchs: Die Liste derer, die hier als Teenies zum Theaterspielen kamen und inzwischen groß heraus gekommen sind, ist lang. Mit dem Ende der Intendanz Castorf steht P14 vor ungewisser Zukunft: „Das wird eine schöne Show“, heißt die neue Produktion, die sich mit Fragen von Anfang und Ende befasst (Volksbühne: „Das wird eine schöne Show“, 16., 18. & 20.6. jeweils 19 Uhr).

Im Berliner Ensemble inszeniert der junge Regisseur Sebastian Sommer eine tragische Geschichte ohne Anfang und Ende: Eugène Ionescos verstörende Farce „Die Stühle“. Es geht darin um ein einsames Haus und seine zwei uralten Bewohner. Jenes Haus ist umgeben von fauligem Wasser, mit dem Boot kommen nach und nach Gäste an. Dabei scheint die Welt draußen längst untergegangen zu sein und die beide Alten bringen immer mehr Stühle für die Gäste, die vielleicht auch nur Geister sind (BE: „Die Stühle“, Premiere 17. 6., 19.30 Uhr).