Erneuerbare Energien

Bund und Länder wollen das EEG reformieren. Doch es gibt Streit. Kritiker warnen, die Akzeptanz der Eneuerbaren stehe auf dem Spiel

Streit um Mais und Müll

ENERGIEMIX Deutlich weniger Strom aus Biogas will Wirtschaftsminister Gabriel künftig zulassen. Er erntet Widerspruch, nicht nur aus Bayern

„Für den Klimaschutz wandeln wir besser Flächen in Moore um“

Klaus Hennenberg, Öko-Institut

BERLIN taz | So ganz allein auf weiter Flur kämpft Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nicht für die Bioenergie. Auch andere Bundesländer halten den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers für verbesserungsfähig. Sigmar Gabriel will den Zubau von Biogasanlagen künftig auf 100 Megawatt jährlich begrenzen. Doch damit konnte sich Gabriel am Dienstagabend im Kanzleramt nicht durchsetzen: In Sachen Bioenergie „gibt es noch Gesprächsbedarf“, verkündete er im Anschluss.

Seehofer sieht das genauso, er will viel mehr Zubau erlauben. Das sei ein „ganz wichtiger Bereich“, lässt er durch seinen Sprecher ausrichten. Eine Entscheidung „gegen Bayern“ dürfe es nicht geben. Allerdings geht es nicht nur um Bayern. Auch in Thüringen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern leisten die Landwirte einen großen Beitrag zur Stromerzeugung. Und so teilt die Staatskanzlei in Erfurt mit, es gebe durchaus Überschneidungen mit den Kollegen aus Bayern. So müsse sichergestellt werden, dass modernisierte Bestandsanlagen auch weiter durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert werden. Aus Schwerin heißt es auch, in einem sinnvollen Energiemix spiele die Bioenergie eine Rolle. Die Forderungen aus Bayern „gingen aber zu weit“.

Auch den Grünen erscheint Seehofers Position nicht ganz abwegig. Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Partei im Bundestag, weist der Bioenergie im Energiemix eine „besondere Bedeutung“ zu. Sie könne immer dann einen Ausgleich schaffen, wenn wenig Sonnen- und Windenergie ins Netz eingespeist würden. „Würden die Anlagen für einen flexiblen Betrieb umgerüstet“, so Verlinden, „sollten auch be­stehende Anlagen eine Anschlussfinanzierung erhalten.“

Eben darauf dringt die Biogaslobby. Sie will nicht nur höhere Ausbauziele erreichen, sondern auch bestehende Anlagen weiter gefördert sehen. Während Windräder und Solarpanels den Strom kostengünstig liefern, wenn die Investitionskosten einmal abbezahlt sind, müssen Biogasanlagen immer wieder mit teurem Brennstoff gefüttert werden. „Für sie bedeutet es das Aus, wenn sie, wie vorgesehen, nach zwanzig Jahren keine staatliche Förderung mehr erhalten“, sagt Bernd ­Geisen, Geschäftsführer des Bundesverbandes Bioenergie. Setze sich das Wirtschaftsministerium durch, werde das „auf einen Rückbau hinauslaufen“, so Geisen. Und: „Die Klimaziele erreicht Deutschland so nicht.“

Klaus Hennenberg vom Öko-Institut in Darmstadt sieht das anders. „Anlagen, die neue Ackerflächen belegen, sind nicht mehr tolerabel“, sagt er. Schon jetzt würden infolge der hohen Nachfrage nach Ackerland in Deutschland Moorböden weiterhin genutzt, die mehr Kohlendioxid freisetzten, als durch die Nutzung von Bioenergie eingespart werde. „Für den Klimaschutz wäre es besser, wir würden die Flächen stilllegen und wieder in Moor verwandeln“, so Hennenberg. Wer mehr Flächen für Energiepflanzen nutzen wolle, müsse automatisch den Tierbestand senken: „Mehr Bioenergie und eine weiterhin hohe Tierfutterproduktion, beides geht nicht“. Hennenberg schlägt vor, neue Anlagen nur noch mit Abfall und Reststoffen zu betreiben, warnt allerdings vor überzogenen Erwartungen. „Der Hausmüll wird schon in großen Teilen genutzt, nur in der Gülle liegt noch einiges Potenzial“.

Knapp 9.000 Biogasanlagen stehen in Deutschland, nur 400 verwerten ausschließlich Abfall. Häufigster Brennstoff ist, obgleich seit Jahren kritisiert, noch immer der Mais. Auf etwa 2,5 Millionen der insgesamt 14 Millionen Hektar Ackerfläche wird er angebaut – meist allerdings als Viehfutter. Unter anderem sorgt er für Hochleistungen bei Milchkühen.

Heike Holdinghausen