Rückenwind für Rousseffs Rückkehr an die Macht

Brasilien Ein zweiter Ministerrücktritt treibt die rechte Übergangsregierung in die Enge

AUS RIO DE JANEIRO Andreas Behn

Peinlicher geh es kaum. Just der für Transparenz und Korruption zuständige Minister Fabiano Silveira ist dabei erwischt worden, wie er die forschen Ermittlungen im Petrobras-Bestechungsskandal kritisiert. Mehr noch: Silveira gab seinen Gesprächspartnern, Senatspräsident Re­nan Calheiros und dem früheren Petrobras-Manager Sér­gio Machado, juristische Hinweise, wie sie sich gegenüber der Bundesstaatsanwaltschaft verhalten sollten, um einer Anklage zu entgehen. Machado selbst nahm das Gespräch im Februar auf und überreichte es im Rahmen seiner Kronzeugenvereinbarung der Justiz. Medien machten jetzt den Mittschnitt publik. Silveira trat am Montagabend zurück.

Silveira ist bereits der zweite Minister, den die neue brasilianische Übergangsregierung verliert. Vor gut einer Woche traf es Planungsminister Romero Jucá, ebenfalls nach einem Mitschnitt.

Nach nicht einmal drei Wochen Amtszeit steht Übergangspräsident Michel Temer vor einem Scherbenhaufen. Der ohnehin unbeliebte Politiker sieht sich bereits im ganzen Land mit Demonstrationen und der Forderung „Fora Temer! – Temer raus!“ konfrontiert. Dass er ausschließlich weiße Männer in sein Kabinett berief und dann gleich die Ministerien für Kultur, Menschenrechte und Frauen abschaffte, verstärkte die Vorbehalte noch.

Neben Jucá wird gegen sechs weitere Minister wegen der Verstrickung in den riesigen Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras ermittelt, und es wird immer deutlicher, dass Temers PMDB, der auch Jucá und Calheiros angehören, viel tiefer in die Affäre verwickelt ist als die Regierung der unter anderem wegen Korruption suspendierten Präsidentin Dilma Rousseff.

Für Rousseff, über deren endgültige Absetzung der Senat voraussichtlich im September abstimmen wird, und ihre Arbeiterpartei PT bedeuten die jüngsten Enthüllungen Rückenwind. Allerdings ist die Anti-Rousseff-Koalition wesentlich breiter als die jetzige Regierung. Die konservativen Parteien, Unternehmerverbände, Massenmedien und Teile der Justiz, die tatkräftig von Demonstrationen der Mittel- und Oberschicht unterstützt wurden, würde am liebsten auf Temers PMDB verzichten und nur sein Wirtschaftsprogramm behalten: radikale Sparpolitik, Kürzung von Sozialleistungen und Arbeitnehmerrechten, weniger Einfluss des Staates, aber um so mehr Privatisierungen.