Guter Ganztag setzt sich durch

EINIGUNG Rot-Grün kommt der Schulinitiative entgegen und investiert 40 Millionen Euro für mehr Erzieher und gesünderes Essen. Der Volksentscheid ist damit vom Tisch

von Kaija Kutter

Hamburg ist um einen neuen Schul-Volksentscheid herumgekommen. Denn die Elterninitiative „Guter Ganztag“ hat sich nun doch mit den Regierungsfraktionen auf ein großes Maßnahmenpaket von mehr als 40 Millionen Euro geeinigt – finanziert aus Steuermehreinnahmen.

Am Freitag sah es so aus, als würde Rot-Grün sehr knauserig sein und lieber einen Gang zum Gericht wagen, als auf die Forderungen der Initiative einzugehen. Am Dienstag nun konnten die glücklichen Verhandlungsführer Gert Kotoll, Christina Dwenger und Manja Scheibner ihr Ergebnis präsentieren.

„Wir wissen, ein Schul-Volksentscheid ist nicht total klasse“, sagte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks in Anspielung auf den verlorenen Primarschul-Entscheid von 2010. Er habe selbst Kinder und kenne den Ganztag, sagte SPD-Fraktionschef An­dreas Dressel. „Deshalb weiß ich, wo es noch Luft nach oben gibt.“

Zugeständnis beim Personal

Das größte Zugeständnis betrifft das Personal. In drei Stufen wird der Erzieher-Kind-Schlüssel verbessert, so dass 2020 etwa 350 Erzieher mehr an den Ganztagsschulen sein werden: Kostenpunkt 17,5 Millionen Euro. In einem ersten Schritt soll 2017 nur an den Grundschulen der Schlüssel pro Gruppe auf 1,1 Erzieher, 2019 dann auf 1,175 Erzieherstellen angehoben werden. Ab 2019 soll auch das Personal der 5. und 6. Klassen an den Stadtteilschulen aufgestockt werden. Zudem erhalten 78 Ganztagsgrundschulen mehr Honorarmittel und Zeit für Kooperation zwischen Erziehern und Lehrern, die sie bisher nicht hatten.

In Zukunft wird der Erzieher-Kind-Schlüssel dann bei etwa eins zu 19 liegen, statt bei eins zu 23. Die Initiative hatte gar einen Schlüssel von eins zu 15 gefordert. Man habe hier Kompromisse gemacht, sagt Christina Dwenger. Sie sei trotzdem froh über die erreichte Verbesserung: „Die Kinder haben mehr Ansprechpartner. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen jemand zuhört, wird größer.“

Dauerhafte Mehrkosten

Die Personalkosten fallen dauerhaft an. Daneben gibt es als dicken Brocken einen „Sonderfonds Guter Ganztag“, mit 25 Millionen Euro. Er soll zur Hälfte für die bessere Ausstattung der Küchen verwandt werden, damit dort auch Essen frisch zubereitet wird. Die anderen 12,5 Millionen Euro sind für Möbel, Spielzeug und die Gestaltung von Ruhe- und Toberäumen.

Da es 200 Ganztagsgrundschulen gibt, fallen pro Standort etwa 60.000 Euro ab. Bisher erhielten die Schulen nur rund 40.000 Euro für diese Erstausstattung. Der Fonds wird ab 2020 mit jährlich 1,5 Millionen Euro aufgestockt.

Zudem sollen die Schulen mit dem „Ganztagsausschuss“ ein neues Gremium bekommen. Dort sitzen Eltern, Lehrer, Erzieher und Kinder an einem Tisch, um über Belange des Ganztags wie Raumfragen zu entscheiden. Diese Kernforderung „finde ich persönlich richtig“, sagte Dressel. Es ergebe keinen Sinn, wenn Eltern in der Schulkonferenz darüber entschieden, die selbst kein Kind im Ganztag hätten.

Der Ausgang mache deutlich, dass auf dem Weg der Volksgesetzgebung „sinnvolle Ergebnisse erzielt werden“, sagte Ini-Sprecher Gert Kotoll, und lobte das Team Dressel und Tjarks. Auch die Opposition lobte. Dies sei eine „Punktlandung für bessere Qualität im schulischen Ganztag“, sagte Sabine Boeddinghaus (Die Linke) und dankte der Initiative. Ohne sie hätte der Schulsenator „weiter La Paloma gepfiffen und behauptet, im Ganztag wäre alles in Ordnung!“