Stuttgarter AfD-Fraktionschef Meuthen droht mit Rücktritt

Geblitzt: AfD-Bundesvize Alexander Gauland sorgt schon wieder für Empörung. Er hatte über Polizisten geäußert: „Dann steht immer so ’ne Knallcharge mit Blitzergerät rum. Nur weil Sie nicht rechtzeitig von 100 auf 80 runtergegangen sind, haben Sie schon einen Punkt.“ Zu Parkverboten sagte Gauland: „Parkverbote finde ich lässlich. Die kann man auch brechen.“

Abgeblitzt: Brandenburgs Innenminister Schröter (SPD) sprach am Freitag von einer „unwürdigen Entgleisung“. Die Beamten erfüllten ihre Aufgabe „in einem Bundesland, das leider jährlich eine besonders hohe Zahl von Verkehrstoten zu beklagen hat“. Adressiert an Gauland sagte er: „Recht und Gesetz gelten in Deutschland für alle.“

STUTTGART taz | Jörg Meuthen hatte zu Beginn der Woche von einer „Nagelprobe“ gesprochen und damit seine Partei gemeint. Doch jetzt ist der Ausschluss des Abgeordneten Wolfgang Gedeon aus der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag für deren Fraktionschef Meuthen zur ganz persönlichen Machtfrage geworden.

Gedeon soll nach dem Willen Meuthens wegen offenkundig antisemitischer Äußerungen, die er in seinen Büchern gemacht hat, aus der Landtagsfraktion der AfD ausgeschlossen werden. Ob Meuthen dafür die notwendige Zweidrittelmehrheit seiner Fraktion erreicht, ist jedoch unklar. Deswegen drohte der Fraktionsvorsitzende, der als liberales Aushängeschild seiner Partei gilt, am Donnerstag selbst mit seinem Austritt aus der AfD-Fraktion, falls ihm die Abgeordneten nicht folgen.

Entzündet hat sich die erste Krise unter den frischgewählten AfD-Abgeordneten an den Schriften des 69-jährigen Singener Abgeordneten Wolfgang Gedeon. In seinen zum Teil mehrbändigen Büchern beruft sich der pensionierte Arzt etwa auf das antisemitische Machwerk der „Protokolle der Weisen von Zion“. Gedeon warnt darin vor „einer Versklavung der Menschheit im messianischen Reich der Juden“. Er beklagt, dass der Holocaust in Deutschland „ideologisiert und theologisiert“ werde, stellt eine „Judaeomanie als Reaktion auf den Antisemitismus der nationalsozialistischen Zeit“ fest.

Meuthen will diese Schriften vorher nicht gekannt haben, obwohl sie auch auf Parteitagen der AfD auslagen. Erst nachdem die Presse vergangene Woche darauf gestoßen ist, will der Parteichef erkannt haben, wer da in seiner Fraktion sitzt, und rief eine „Null-Toleranz-Linie“ gegenüber Antisemitismus in der Fraktion aus.

Dabei ist Wolfgang Gedeon in der AfD kein Unbekannter. Der Kreisverbandsvorsitzende vom Bodensee ist Gründungsmitglied der Partei und auch Autor von parteiinternen Diskussionspapieren, für die sich der Landesvorsitzende Meuthen gerne mal persönlich bedankt hat. Andererseits hat Meuthen selbst bereits während des Landtagswahlkampfs laut Berichten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geäußert, wenn Gedeon ins Parlament komme, werde es „nicht vergnüglich“.

Benno Stieber