Daddeln ist kein Sport

Kommentar

von Stefan Alberti

Piraten als eSport-Lobby

Es ist, als wollte die Piraten-Fraktion kurz vor Toresschluss nochmal belegen, warum dem Abgeordnetenhaus nach ihrem Abgang nicht viel fehlen wird. Für „eSport“ machte sich die Fraktion in der drittletzten Sitzung vor der Wahl am 18. September stark, eine Art Computer-Daddeln mit Wettkampfcharakter, für das sie Anerkennung als Sportart und den Status der Gemeinnützigkeit fordert.

Nicht wirklich austrainiert

Als altmodisch schätzte der Piraten-Abgeordnete Alexander Morlang all jene Parlamentskollegen ein, die vor ihm am Rednerpult Sport mit einer gewissen Körperlichkeit und Fitness in Zusammenhang brachten. Von traditionellen Wurzeln sprach etwa Gabriele Hiller von der Linksfraktion, die davon unter anderem deshalb etwas versteht, weil sie schon mal einen Marathon gelaufen ist.

Aber Morlang, der rein optisch nicht an einen austrainierten Sportler erinnert, wusste es natürlich besser: „eSport“ siedelte er zwischen Schach und Formel 1 an, mit vielleicht etwas weniger Beschleunigung. Welch Ignoranz! Ein Formel-1-Fahrer ohne absolute Fitness setzt selbst bei überragenden Steuerkünsten seinen Wagen schnell in den Sand oder vor die Wand, weil zu starke Kräfte auf den Körper wirken. Der McLaren-Fahrer und Ex-Weltmeister Jenson Button etwa ist zugleich ein herausragender Triathlet.

Doch Morlang wusste es noch besser: Turnen, die klassische Übung der Körperbeherrschung, Einzel- wie Mannschaftssportart, sah er überhaupt nicht als Sport – man bewege sich da halt nur etwas. „eSport“ hingegen könne Jugendlichen einen Rahmen und Betreuung geben.

Modern oder nicht: Wenn der Staat anfangen würde, Daddeln zum Sport zu erhöhen, dann könnte er sich gleich alle Beweglichkeitsprogramme in Schulen sparen. Schlimm genug, dass ein großer Teil der Kinder kaum noch eine gescheite Rolle vorwärts hin bekommt oder auf rückwärts laufen kann – wenn Computerspiele auch noch als Ersatz dafür eingestuft würden, wäre der Ofen komplett aus.