Türkei: Keine gute Presse für Berlin nach Armenien-Resolution

ISTANBUL taz | Die Verabschiedung der Resolution über den Völkermord an den Armeniern im Bundestag hat zu wütenden Protesten in der Türkei geführt. Das reichte von offiziellen Politikeräußerungen über einen rhetorischen Gegenschlag des türkischen Parlaments bis zu Demonstrationen auf der Straße.

Betroffen davon war in erster Linie das deutsche Generalkonsulat in Istanbul. Türkische Nationalisten versammelten sich vor dem Konsulat und beschimpften Deutschland als „imperialistisch und faschistisch“. Die Polizei ließ Wasserwerfer vorfahren.

Besonders verheerend war das Echo in den türkischen Zeitungen. Sowohl regierungsnahe Blätter wie Sabah, aber auch eher kritische Zeitungen wie Hürriyet und die englische Ausgabe Hürriyet Daily News bis zu Blättern, die gewöhnlich Präsident Erdoğan scharf angreifen wie Sözcü, waren sich einig, dass der Beschluss des Bundestags eine Anmaßung und eine Beleidigung der Türkei sei. „Schande über euch“, titelte Hürriyet an die Adresse der Abgeordneten, „die einstigen Verbündeten fallen uns in den Rücken“, meinte Sabah, und Sözcü steckte Merkel in eine Naziuniform. Einzig die Linksintellektuelle Cumhuriyet erinnerte daran, dass die Türkei in ihrer Leugnung des Völkermordes international immer einsamer wird.

Nachdem am Donnerstag der türkische Botschafter aus Berlin nach Ankara zurückgerufen worden war und das türkische Parlament mit Ausnahme der kurdisch-linken HDP der Regierung in einer Resolution versichert hatte, es werde jede weitere Maßnahme gegen Deutschland unterstützen, beginnt das Nachdenken darüber, wie man tatsächlich reagieren will. Premier Binali Yıldırım sagte, Deutschland sei ein „sehr wichtiger“ Bündnispartner und deshalb solle niemand erwarten, dass sich unsere Beziehungen „jetzt vollständig“ verschlechtern werden. Man werde reagieren. Wie, wird sich zeigen.

Jürgen Gottschlich