Tiefe Stimme

RockCate Le Bon strahlt im Privatclub

Nein, mit Simon Le Bon hat sie nichts zu tun. Sie fand nur den Namen toll. Und nein, Cate Le Bon ist auch keine Französin. Sie kommt aus Wales, da klingt das Englisch so (und die Stellen, die du nicht verstehst, sind Walisisch).

Cate Le Bon, 33 Jahre alt, heißt bürgerlich Cate Timothy. Sie hat mit den Super Furry Animals und den Manic Street Preachers gearbeitet, also fast mit allen anderen, die in Wales musikalisch was zu sagen haben (fehlt nur Catatonia, wenn ihr mich fragt). Ihre Karriere kam langsam, aber stetig voran, und zu diesem Behufe ist sie nach Kalifornien gezogen: um ihre Karriere voranzutreiben.

Genutzt hat es nichts oder nicht viel, dafür ist ihre Musik wahlweise zu gut oder zu kompliziert. Frickeliger Rock mit Ecken und Kanten, sperrig, souverän und intelligent. Manchmal klingen ihre Songs, die sie live mit Band spielt, wie eine langgezogene Coda, über die einfach weitergesungen wird. Manchmal klingt es, als ob Cate Le Bon alles im Plattenschrank hat, was jemals auf Slampt Records erschienen ist. Insofern ist Cate Le Bon immer noch kein Star, wie vielleicht Cat Power einmal einer war. Sie sollte es aber sein.

Denn was sie hat, neben einer großen Ausstrahlung und mehr als den nötigen Voraussetzungen an der Gitarre, ist diese bemerkenswerte Stimme. Am Montag im Privatclub klang das manchmal sogar so, als ob ihre Band – drei Männer – die hohen Hintergrundstimmen singen mussten. Cate Le Bon hat eine tiefe Stimme. Wer Referenzen braucht: Grace Slick. So eine Stimme hat sie.

Aber das ist noch lange nicht alles. Ihre Band kann natürlich was, das war am Montag sehr gut zu hören: drei Männer, die entweder grobe Augenringe hatten oder schwarzen Lidstrich trugen wie sie selbst (was ihrer Attraktivität etwas Verruchtes verlieh – den Rest besorgte die Vorhangfrisur, die sie immer schön effektiv ins Gesicht fallen lassen konnte). Zwei Männer an den Rhythmusinstrumenten, die jeden Break, jeden Stampfer und jede Schleife zogen, als sei es selbstverständlich, und einer, der an der Gitarre oder Orgel seiner Begeisterung, Teil dieses Ganzen zu sein, freien Lauf ließ.

Cate Le Bon neues Album heißt „Crab Day“ (Crab wie in Taschenkrebs und nur phonetisch wie Mist) und ist bei Drag City erschienen. Dort arbeitet sie daran, dem eindimensionalen Weg auszuweichen, den Songs immer eine überraschende Wendung zu geben. Und wenn es dann mal klingt, als ob die Platte einen Sprung hätte. Also insgesamt völlig unwahrscheinlich, so eine Frau. Aber nach dem großen Gewitter konnte man es am Montag in Kreuzberg in echt und Farbe sehen und hören: Es gibt sie wirklich. René Hamann