Backstage-Fragen
: Die Forschunghinter dem Event

Hamburger Kunsträume

von Hajo Schiff

Manchmal kommt das Beste zum Schluss. Seit einem Monat ist die neu eingerichtete Hamburger Kunsthalle bei freiem Eintritt zu besichtigen: Von auf blauem Grund gehängten Altären bis zur Rauminstallation der Koreanerin Haegue Yang an dem Ort, an dem einst bloß ein weiterer der ehemals drei Eingänge war.

Aber was für Entscheidungen gehen einer Präsentation voraus? Wie kommen die Bilder in ihre Rahmen und verändert die Art der Rahmung den Blick? Wie ist garantiert, dass die Bilder nicht nur schön, sondern auch echt sind? Und macht das einen Unterschied?

Im sogenannten „Hamburger Gang“ der Kunsthalle hat die Kuratorin Annabelle Görgen-Lammers eine im Neu-Eröffnungstrubel zu Unrecht eher übersehene Ausstellung zusammengestellt, die einige dieser „Backstage-Fragen“ thematisiert. Diese „Transparentes Museum“ betitelte, in positivem Sinne didaktische Präsentation hat neun Themenräume. Da werden Einblicke in die Besonderheiten von standardisierten Museums- und eigenhändigen Künstler-Rahmungen gegeben und Verglasungen gezeigt, die durch unbeabsichtigte Farbübertragung zu einer Kopie des Bildes geworden sind.

Es wird durch Entrahmung vorgeführt, wie der große Max Liebermann das Gemälde „Die Birkenallee im Wannseegarten nach Westen“ veränderte, damit es in einen von ihm nach dem Ende des Ersten Weltkriegs auf dem Flohmarkt gefundenen Rahmen passte. Da kommen Fragen der Zu- und Abschreibung auf den Tisch und endlich wird einmal auch die Entdeckung von Fälschungen offengelegt: Der durch Selbstkopien schon etwas unglaubwürdig gewordene Giorgio de Chirico hatte bei einem Besuch im Museum schockierend erklärt, sein Hamburger Bild „Melancholie einer Straße“ aus seiner metaphysischen Periode sei leider nicht von ihm.

Aufwendige Untersuchungen konnten das bestätigen. Allerdings ist die Bild-Fälschung ihrerseits hochinteressant: Sie stammt vom spanischen Surrealisten Oscar Domínguez und wurde in den 1940er-Jahren erstellt, um Geld für den Widerstand gegen die deutsche Besetzung von Frankreich zu gewinnen. Nach der über die Jahre extrem unterschiedlich bewerteten Bedeutung von Gipsabgüssen klassischer Kunst wird gefragt, da im Museumsaltbau auch eine manchmal kaum bemerkte Kopie des Parthenon-Frieses angebracht ist.

Herkunftsgeschichte und interdisziplinäre Zusammenarbeit sind weitere Themen dieses Pilot-Projekts mit seinen Multimedia-, Bild- und Hör-Stationen. Am Dienstag, den 31. Mai um 19.30 Uhr, wird es noch einmal ausdrücklich vorgestellt: Experten aus Karlsruhe und Groningen erörtern unter der Moderation der Journalistin Melanie von Bismarck mit der Hamburger Kuratorin die Möglichkeiten einer zugleich wissenschaftlichen und besucherorientierten Selbstreflexion im Museum.

Dieser empfehlenswerte Blick hinter die Kulissen ist die letzte Veranstaltung des Eröffnungsmonats. Vielleicht ist das nicht verkehrt, geht es doch neben der Wissensvermittlung dabei auch um ein Labor neuer Präsentationstechniken. Stand doch in einem der alten dicken Bücher: Die Letzten werden die Ersten sein.