Menschenrechte müssen auch für Mörder gelten

Der Entführer des Frankfurter Bankiersohnes Jakob von Metzler erzielt einen ersten Erfolg beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

FRANKFURT/MAIN taz ■ Der zu lebenslanger Haft verurteilte Entführer und Mörder des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler (11) kann einen ersten Erfolg seiner Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verbuchen.

Gäfgen hatte zum Beginn seines Strafprozesses 2003 berichtet, ihm sei kurz nach seiner Verhaftung am 30. September 2002 von einem Polizeibeamten mit schweren „körperlichen Schmerzen“ gedroht worden, wenn er den Aufenthaltsort des verschwundenen Kindes nicht preisgebe. Der damalige Stellvertretende Polizeipräsident Wolfgang Daschner war deshalb in einem späteren Verfahren wegen Anstiftung zur Nötigung verurteilt worden.

Allerdings verhängte das Frankfurter Landgericht über ihn nur eine „Verwarnung mit Strafvorbehalt“, eine Geldstrafe, die nur im Wiederholungsfall fällig werden würde. Im Strafverfahren gegen Gäfgen konnte das von ihm durch Druck erpresste erste Geständnis nicht verwertet werden.

Der Europäische Gerichtshof gab der Bundesrepublik Deutschland nun nach einer Prüfung auf, bis zum 9. Dezember zu dem Foltervorwurf Stellung zu nehmen. Er verwies mehrfach darauf, dass auch deutsche Gerichte schon festgestellt hätten, dass das Folterverbot von den Frankfurter Beamten verletzt worden sei.

Gäfgen hatte sich in seiner Beschwerde auf die Artikel 3 und 6 der Menschenrechtskonvention berufen, die das Folterverbot festschreiben und das Recht auf ein faires Verfahren garantieren sollen. Sein Rechtsanwalt Michael Heuchemer wertete die Straßburger Entscheidung als einen „herausragenden Erfolg für den Schutz der Menschenrechte“. Er erklärte, es gehe nicht darum, Gäfgens Strafe zu mildern oder eine Entschädigung zu erstreiten, sondern darum, Folter in Zukunft vorzubeugen.

Sein Mandant werde den Erlös seines Buchs „Allein mit Gott – Der Weg zurück“ für wohltätige Zwecke stiften, so Heuchemer. Er wolle eine Stiftung ins Leben rufen, die Kinder als Verbrechensopfer unterstützen solle. Mit einer vorzeitigen, frühestens 2020 möglichen Haftentlassung aus dem Gefängnis in Schwalmstadt, in dem der einstige Jurastudent inzwischen ein Betriebswirtschaftsstudium begonnen hat, kann Gäfgen nicht rechnen, weil das Gericht ihn nicht nur zu „lebenslänglich“ verurteilte, sondern verschärfend auch noch die „besondere Schwere“ seiner Schuld feststellte. HEIDE PLATEN