Die negative Seite der Negativzinsen

Bankrecht Laufende Spar- und Tagesgeldverträge dürfen nicht einfach umgestellt werden

„Der Zins darf nicht in den negativen Bereich rutschen“

FREIBURG taz | Auf Sparkonten und Tagesgeld gibt es kaum noch Zinsen. Eine einseitige Einführung von negativen Zinsen ist bei bereits bestehenden Verträgen aber rechtlich gar nicht möglich.

Die erste Bank, die in Deutschland Negativzinsen einführte, war 2014 die Skatbank, Internet-Ableger der VR-Bank Altenburger Land in Thüringen. Sie verlangt für Tagesgeld über 500.000 Euro einen Negativzins von 0,25 Prozent. Die Regelung gilt allerdings nur für Großkunden, die mehr als drei Millionen Euro angelegt haben.

Wie viele Kunden überhaupt Negativzinsen zahlen, möchte die Bank nicht sagen. Vermutlich dient der Negativzins eher als Abschreckung. Denn wenn sie die Einlagen nicht als Kredite vergeben kann, muss sie diese bei der Europäischen Zentralbank zwischenlagern und dafür selbst Negativzinsen von derzeit 0,4 Prozent zahlen.

Es wird vermutet, dass auch andere Banken nach diesem Muster verfahren, zumindest bei Groß- und Firmenkunden. Allerdings spricht vieles dafür, dass ein Negativzins für bestehende Konten nicht einseitig eingeführt werden kann.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erklärt das so: „Sparverträge sind umgekehrte Darlehensverträge. Der Kunde gewährt der Bank ein Darlehen in Höhe des Betrags der Spareinlage.“ Für Darlehensverträge gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Grundregel (Paragraf 488). Danach muss der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber „einen Geldbetrag“ (Zins) bezahlen – und nicht umgekehrt. Selbst wenn variable Zinsen vereinbart wurden, dürften sich diese nicht plötzlich in Zahlungspflichten verwandeln. Das gilt für Girokonten sowie Tages- und Termingeld.

Nur bei Neuverträgen könnten ausdrücklich negative Zinsen vereinbart werden. Dann solle die Bank aber nicht mehr von einem „Sparkonto“ sprechen.

Gerichte haben bislang noch nicht über die Zulässigkeit von Negativzinsen entschieden. Bankrechtler wie Tobias Tröger von der Uni Frankfurt stützen die Sichtweise der Verbraucherschützer. Der Zins dürfe nicht in den negativen Bereich rutschen, weil dies dem „Vertragstypus“ widerspreche. Eine Änderungskündigung wäre nur mit ausdrücklicher Zustimmung möglich. Ein Vertrag mit Negativzinsen wäre dann ein „Verwahrungsvertrag“, bei dem die Kunden dafür bezahlen, dass die Bank ihr Geld sicher verwahrt. Christian Rath