„Anfangs wurden wir für den Reggae ausgelacht“

WEIHNACHTSREGGAE Seit über 25 Jahren feiert Jamaica Papa Curvin in Hamburg seine X-Mas Reggae Show. Mit der taz spricht er über seinen Ruf als Urvater des Roots-Reggae in Deutschland, seine Zeit als Schlagzeuger von Boney M. und die Bedeutung des Rastafarianismus

■ wurde 1943 im jamaikanischen Harewood geboren, kam als Schiffmusiker Mitte der 60er nach Hamburg. Anfang der 80er eröffnete Jamaica Papa Curvin in St. Georg sein „Reggae Center“ und begann, den Reggae auf Hunderten von Konzerten bis in den letzten Winkel der Bundesrepublik zu bringen. Heute gilt er als „Germanys Grandfather of Roots Rock Reggae“.

INTERVIEW ORANUS MAHMOODI

taz: Jamaica Papa Curvin, seit über 25 Jahren feiern Sie ihre X-Mas Reggae-Show in Hamburg. In diesem Jahr wieder: Heiligabend in der Fabrik in Altona. Die Show hat Kultstatus erreicht – sogar über Generationen.

Jamaica Papa Curvin: Einige der Gäste waren schon als Jugendliche mit ihren Eltern bei Papa Curvin. Inzwischen kommen sie mit ihren eigenen Kindern.

Ihre Fans meinen, der Reggae wurde von Ihnen nach Deutschland gebracht.

Dabei war ich vor der Geburt des Reggae mit den Bamboos of Jamaica schon in Deutschland, mit Ska und Calypso, den musikalischen Vorläufern von Reggae. Wenn es heißt, ich hätte den Reggae nach Deutschland gebracht, dann liegt das daran, dass ich vor über 30 Jahren das Reggae-Center in St. Georg eröffnet hatte. Wir waren die ersten, die frische Reggae-Platten aus Jamaika anboten. Diese Scheiben gab in den gängigen Musikläden nicht. Ich hatte das Reggae-Center für junge, neue Reggae-Künstler als Proberaum geöffnet. Anfangs wurden wir für den Reggae ausgelacht. In der Musikszene meinte man, Reggae sei keine richtige Musik – inzwischen ist Reggae nicht mehr wegzudenken.

Sie gelten in Deutschland als der Urvater des Roots-Reggae. Vielen wissen nicht, dass Sie Schlagzeuger der schrillen Popgruppe Boney M. waren, die in den 1970ern mit Songs wie „Daddy Cool“ oder „Rivers of Babylon“ auf der ganzen Welt in den Charts und auf Tour waren.

Wir sind tatsächlich jahrelang getourt – sogar im Ostblock. Boney M. durfte damals in Russland auftreten, was anderen westlichen Künstlern unmöglich war. Boney M. endete für mich mit dem Gerichtsprozess gegen den Produzenten Frank Farian, der später mit dem Milli Vanilli-Skandal in die Schlagzeilen kam. Der Prozess um Boney M. ist der längste der Musikgeschichte. Es geht um viel Geld, denn Boney M ist bis heute das Musikprojekt, das der deutschen Musikindustrie die höchsten Gewinne beschert hat!

Nach Boney M. haben Sie ihre Solo-Karriere gestartet: Als Reggae-Künstler, der Schlagzeug spielt und simultan dazu singt.

Anfangs war ich mit dem Schlagzeug verwachsen. Inzwischen bin ich ein reiner Frontman. Ab und zu gehe ich in den Shows ans Schlagzeug.

Sie sind erst als Solo-Künstler mit Roots-Reggae und als Rastafarian aufgetreten. Äußerlich erkennt man Rastas an den Dreadlocks. Was genau bedeutet es für Sie, ein Rasta zu sein?

Rasta bedeutet: Lieben, ohne etwas dafür zu erwarten. Äußerlichkeiten sind unwichtig: Es gibt Menschen, die nie über Rastafarian gehört haben, aber der Rasta-Philosophie folgen. Es geht darum, im Einklang mit der Erde zu leben. Ich habe durch diese Philosophie meine Wurzeln entdeckt, die Bewegung hat überhaupt auf Jamaika einen wichtigen Bewußtseinswandel gebracht.

„Rasta bedeutet: Lieben, ohne etwas dafür zu erwarten. Äußerlichkeiten sind unwichtig“

Inwiefern?

In meiner Jugend wurde die afrikanische Kultur belächelt – ich habe in der Schule alles Mögliche über die englische Queen gelernt. Die meisten Jamaikaner stammen nicht aus England, ihre Wurzeln liegen in Afrika. Unsere Urahnen wurden mit Gewalt über den Antlantik geschifft. Als Rasta möchte ich darüber aufklären. Ich trage Afrika im Herzen, egal wo ich bin.

Bei der X-Mas Reggae Show treten neben Ihnen auch andere Künstler auf. 2011 hatten sich Besucher bei der Fabrik beschwert, dass Sie um Mitternacht noch nicht auf der Bühne standen.

Deswegen werde ich in diesem Jahr zweimal auftreten, um 23 Uhr und ein zweites Mal um ein Uhr.

■ Mo, 24. 12., 22 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36