Platt auf Shikoku

PLATTDÜTSCH De Fofftig Penns retten die niederdeutsche Sprache, fand die Jury des Heinrich-Schmidt-Barrien-Preises. Auch in Japan sorgten sie für norddeutsches Liedgut

■ studiert in Berlin Stadtplanung und ist bei De Fofftig Penns de kommodige Jaykopp.

INTERVIEW ANDREAS SCHNELL

taz: Herr Köhler, sie waren mit ihrer Band De Fofftig Penns gerade in Japan. Was haben Sie da gemacht?

Jakob Köhler: Die Präfektur Tokushima ist Partnerregion des Landes Niedersachsen. Das niedersächsische Kultusministerium hat uns eingeladen, eine Woche dorthin zu reisen. Wir haben ein paar Tage da verbracht und in Grundschulen, in einem Museum und auf einem Tanzfestival gespielt.

Ein Festival für modernen Tanz?

Überhaupt nicht. Das war eher ein Festival für folkloristische Tänze. Mit uns war auch eine Tanzgruppe aus dem Ammerland unterwegs, die deutsche Volkstänze aufgeführt hat. Wir haben überhaupt nicht dahingepasst. Es saßen lauter ältere Damen und Herren im Publikum, die aber trotz des Krachs geblieben sind.

Wie waren die Reaktionen bei den anderen Auftritten?

Durchaus interessant. Wenn wir in Deutschland unterwegs sind, weiß jeder, was Plattdeutsch ist, und erkennt das Kuriose an uns. Diesen Bonus hatten wir da natürlich nicht. Es gab natürlich Erläuterungen bei unseren Konzerten zwischen den Songs. Deswegen waren die Reaktionen nicht wie hier. Aber es hat gut funktioniert. Bei dem Tanzfestival war es eher steif, aber in den Grundschulen hat das gut funktioniert.

Wurden die Texte für das Publikum übersetzt?

Es gab im Programm des Tanzfestivals zu jedem unserer Lieder eine kleine Erklärung. Das sind wir ja nicht gewohnt. Und es ist ja nicht so, dass wir in unseren Texten viele Botschaften verstecken. Es geht vor allem um gute Laune. Die Botschaft ist viel eher, dass man mit der Sprache was machen kann.

Anfang des Jahres haben Sie den Heinrich-Schmidt-Barrien-Preis gewonnen …

Genau, der wurde uns im Februar in der Kirche in Neu Sankt Jürgen verliehen. Das war eine sehr nette Veranstaltung.

Da hatten Sie wahrscheinlich auch nicht gerade Ihr normales Publikum, oder?

Absolut nicht. Kirchen sind ja tendenziell sehr bestuhlt …

Bebankt …

Genau. Und da waren natürlich eher Leute gehobenen Alters, die durch die Bank Plattdeutsch verstehen. Das hat man an den wenigsten Orten. Das war auch die Chance, das mal unseren Großeltern zu zeigen.

Waren die denn da?

Meine beiden Omas waren tatsächlich da.

Im Grunde ist das ja eine maximale Distanz: Die älteren Menschen, die noch Plattdeutsch sprechen, und Sie als noch eher junge Menschen, die das eben von Oma kennen. Kulturell liegen ja Welten dazwischen.

Ja, das geht sehr weit auseinander. Es gibt zwar in vielen Genres auch plattdeutsche Musik. Wenn wir am Sonntag im Lagerhaus spielen, ist zum Beispiel auch ein Rapper dabei, der auf Platt rappt. Aber das ist eben sehr, sehr wenig. Was man normalerweise mit plattdeutscher Musik verbindet, ist ein Mensch, der Gitarre spielt und singt. Es gibt zwar tolle Initiativen wie einen Wettbewerb, bei dem Bands gesucht werden, die Plattdeutsch singen, aber es gibt wirklich nicht viele.

Sie machen ja gerne mal Texte zu Musik, die es schon gibt. Machen Sie auch eigene Songs?

Das ursprüngliche Konzept war wirklich, Lieder, die wir mögen, mit plattdeutschen Texten zu versehen. Ein ganz simples Konzept, das gut funktioniert hat. Und die Künstler, deren Lieder wir genommen haben, fanden das alle super und haben ihre Sachen gern zur Verfügung gestellt. Jetzt gehen wir verstärkt daran, eigene Lieder zu schreiben. Da ist ein witziger Sprung, weil manche Lieder eben auch über die bekannte Melodie funktionieren. Aber jetzt haben wir mit „Löppt“ unsere erste Single veröffentlicht, auf der ein eigener Song drauf ist. Wenn wir immer weiter nur covern würden, wäre das für uns irgendwann öde. Es muss sich weiterentwickeln.

„Mit uns war eine Gruppe aus dem Ammerland unterwegs, die Volkstänze aufgeführt hat“

Jakob Köhler

Wovon handelt „Löppt“?

Das ist vielleicht nicht der tiefste Text. Es geht darum, dass Dinge laufen. Der Text basiert auf einer der kürzesten Unterhaltungen, die es gibt: Kann, mutt, löppt. In Ostfriesland kann man angeblich ganze Unterhaltungen mit diesen drei Worten bestreiten.

Wenn man mehr sagt, ist man ein Schnacker.

Wahrscheinlich. Zu Recht.

Deutsche Bands haben früher immer gesagt, sie sängen Englisch, um nicht auf den deutschsprachigen Markt beschränkt zu sein. Sie sind da ja noch eingeschränkter.

Unser südlichstes Konzert bis jetzt war in Weimar, sehr weit weg von Plattdeutschland, aber noch lange nicht in Süddeutschland. Prinzipiell ist es natürlich knackiger, durch den deutschen Norden zu touren. Aber wir haben schon auch Lust, das in andere Städte zu bringen. Oder in andere asiatische Länder, das wäre auch nicht schlecht.

Haben Sie eigentlich professionelle Ambitionen?

Nee, wir haben alle Jobs und sind froh, dass wir ein Hobby haben, das so viel Spaß macht. Um professionell plattdeutsche Musik zu machen, müsste auch schon einiges passieren. Wir sind froh, dass wir diese beiden Welten haben.

■ De Fofftig Penns, The Eternal Spirit, Blowm feat. Maddin und Special Guest spielen am Sonntag ab 20 Uhr im Lagerhaus