Gestrandete Wale sind nicht verhungert

BEFUND Wissenschaftler wollten dem Phänomen der 29 gestrandeten Pottwale auf die Spur kommen. Aber eine eindeutige Ursache für den Tod in der Nordsee gibt es offenbar nicht

Der Tod von 29 jungen Pottwalbullen in der Nordsee ist weiterhin ungeklärt. Für ihre Strandung im Januar und Februar gibt es nach Ansicht von Experten nicht eine einzelne Ursache. Verantwortlich sei eine Mischung mehrerer Faktoren.

So hätten etwa die zu der Jahreszeit ungewöhnlich hohen Wassertemperaturen möglicherweise die Tintenfische, Lieblingsspeise der Pottwale, weit in den Norden getrieben, sagte Ursula Siebert von der Tiermedizinischen Hochschule Hannover am Mittwoch auf einer Konferenz im Wattenmeer-Zentrum Wilhelmshaven. Schwere akustische Manöver, die das Ortungssystem der Wale gestört haben könnten, habe es zu der Zeit nicht gegeben, so Siebert.

13 der 29 Kadaver waren in ihrem Institut untersucht worden – allerdings ohne eindeutigen Befund. Die Wale hatten keine Infektionskrankheiten und waren gut genährt. Sie sind nicht, wie zunächst vermutet worden war, verhungert. Doch in den Mägen fanden Veterinäre bei den Untersuchungen auch Müll. Fischernetze, Leinen, alte Autoteile. Auch Kaffeekapseln und Verpackungen seien teilweise in erheblichem Ausmaß entdeckt worden, sagte Siebert. Todesursächlich sei der Müll nicht gewesen. Aber im weiteren Leben hätten die Wale damit Probleme bekommen, sagte Siebert.

Niedersachsens grüner Umweltminister Stefan Wenzel kündigte an, insbesondere die Aktivitäten gegen die Vermüllung der Meere zu verstärken. „Das sind Dinge, die das Leben dieser großen Meeressäuger stark beeinträchtigen könnten.“ Der Schlüssel sei aber die Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der Meere als wichtiger Teil des Ökosystems.

Strandungen von Walen in der Nordsee sind seit dem 16. Jahrhundert überliefert. „Wir müssen damit rechnen, dass es wieder passiert“, sagte Siebert. „Wenn sie einmal in der Nordsee sind, haben sie kaum eine Chance, rauszukommen.“

Sven-Michael Veit