KUNST

KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Post Internet I went to sleep: An dem Slogan, den Adriano Costa für seine erste Einzelausstellung bei Supportico Lopez auf eine Adidas-Trainingsjacke gepinselt hat, blieb ich während meiner Gallery-Weekend-Tour, übermüdet, wie ich war, sofort hängen. Zu sehen gibt es hier noch einiges mehr. Der brasilianische Künstler hat im Vorfeld einige Zeit in Berlin verbracht und die Alltagsobjekte, die ihn dabei umgaben, in der Galerie verteilt. Verpackungen von Lebensmitteln, Toilettenpapier oder Uniqlo-Papiertüten. Die Ausstellung – Costa hat sie „StorytellingCaipira“ genannt, ein Worthybrid aus dem Buzzword des Marketingsprechs und Caipira, dem brasilianischen abwertenden Begriff für Menschen am Rande der Gesellschaft – changiert zwischen rhythmisch komponierter Materialassemblage und beißender Kritik an Kunstmarkt, Warenwelt und Ausgrenzungspolitik. Seine „BallettDancers“, aus Bronze gegossene Bruchstücke von Plastikkleiderbügeln, sind wie in einem Puzzlespiel zusammengesetzt. Auf der Fensterbank formen tote Fliegen die Worte „Not Welcome“ (bis 18. 6., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kurfürstenstr. 14b).

Auch Michael Rakowitz arbeitet mit profanem Material. Aus Verpackungen arabischer Lebensmittel und Zeitungen, allesamt in den USA käuflich erwerbbar, hat er die Artefakte in Pappmaché-Technik maßstabsgetreu zusammengebastelt, die nach dem Einmarsch der USA in den Irak 2003 aus dem Nationalmuseum in Bagdad gestohlen wurden. 15.000 Objekte sind bei der Plünderung aus der Sammlung verschwunden, ein massiver Verlust, mit dem sich Rakowitz seit 2007 beschäftigt. Bei Barbara Wien sind die bunten Replikate wie in einem Museum auf Tischen arrangiert, comicartige Zeichnungen erklären die Hintergründe. Die Objekte selbst erzählen von der unheilvollen Geschichte ihrer Vorbilder, als auf dem Kunstmarkt erhältliche Skulpturen spielen sie das Spiel um den Wert von Kunst und Kultur aber noch weiter (bis 30. 7., Di.–Fr. 13–18 Uhr, Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 65).

Das Kunstkarussell dreht sich indes natürlich längst weiter, auch wenn die meisten Ausstellungen des Gallery Weekends noch laufen. Am Freitag etwa startet das Ausstellungsprojekt „Hero Mother“ von Momentum, kuratiert von Rachel Rits-Volloch & Bojana Pejic, die Arbeiten von 30 Künstler_innen aus 20 zumeist postkommunistischen Ländern versammelt, die sich mit Genderrollen, Mütteridealen, Migration, Nationalismus und Freiheit auseinandersetzen. Mit dabei sind u. a. Sanja Iveković, Yael Bartana und die bosnische Videokünstlerin Adela Jušić (bis 12. 6., Eröffnung 13. 5., 19 Uhr; Mi.–So. 13–19 Uhr, Mariannenplatz 2).