Endlich wieder Finale!

ABSTIEGS-LUST

Abstiegskampf ist die neue Meisterschaft – nirgends wird diese neue Fußballweisheit wohl so zelebriert wie in Bremen. Vor dem entscheidenden Spiel gegen Eintracht Frankfurt, in der Bundesliga-Tabelle einen Platz vor Werder Bremen, zeigt sich die Stadt als Operette in Grün-Weiß: Noch die Säulen des ehrwürdigen Goethe-Theaters sind selbstverständlich in die Werder-Farben getaucht, kaum ein öffentliches Gebäude, das nicht die stolze Raute geflaggt hätte. Fenster, Balkone, ja sogar Brücken sind mit Postern, Bildern, Wimpeln und Transparenten behängt. Und die sozialen Netzwerke verbreiten die Euphorie auch an die Werder-Fans in der Diaspora von Hamburg nach Haiti.

Tausende bereiten sich darauf vor, die Mannschaft am Samstagnachmittag am Osterdeich zu empfangen und auch sonst ihrer Unterstützungs-Kreativität Ausdruck zu verleihen – im vollen Bewusstsein ihrer eigenen Wichtigkeit, die ihnen Spieler und Verantwortliche immer wieder einbläuen. Ganz Bremen ein einzig Festausschuss! Einige Medien meinen, sie müssten der Stimmung noch auf die Sprünge helfen, durch vierseitige Extrablätter etwa. Das ist in Bremen so überflüssig wie die gelb-rote Karte am letzten Spieltag, als deren Folge Fin Bartels nun dieses Spiel verpasst.

Fast scheint es, als sei die ganze Saison auf diesen Showdown hinausgelaufen: Wer möchte die Gänsehaut schon tauschen mit dem faden Geschmack eines gesicherten Tabellenplatzes? Dieser letzte Spieltag der Saison 2015/16 verspricht den ultimativen Kick. Das erste Mal seit 1980 könnte Werder Bremen in die Zweitklassigkeit abstürzen: Wenn Werder verliert und der VfB Stuttgart gleichzeitig in Wolfsburg gewinnt. Bei einem Unentschieden oder einer Niederlage ohne einen gleichzeitigen Stuttgarter Sieg müsste man noch in Hin- und Rückspiel den Zweitliga-Dritten 1. FC Nürnberg besiegen. Und darauf hat – trotz Thrill-Faktor 10 – nun überhaupt keiner Lust.

Nur ein Werder-Sieg garantiert die Rettung. Also haut Fußball-Bremen alles in diese 90 Minuten. Bremen hat das Finale, das die armen Münchner Bayern gerade verpasst haben. RLO