„Vollstrecker“ wird Präsident

Philippinen Rodrigo Duterte gewinnt mit scharfen Sprüchen gegen Kriminalität und Korruption die Präsidentenwahl. Sohn von Exdiktator kann noch Vizepräsident werden

Inszenierung mit Tränen: Duterte direkt nach Ermittlung seines Sieges am Grab seines Vaters Foto: Kiwi Bulaclac/ap

von Hilja Müller

PEKING taz | Man nennt ihn den „Schlachter“ oder „Vollstrecker“. Keine schmeichelhaften Spitznamen, doch Rodrigo Duterte stören sie nicht. Im Gegenteil, der 71-Jährige ist stolz auf seinen zweifelhaften Ruhm. Als langjähriger Bürgermeister von Davao City, einer einst verrufenen Millionenstadt im Süden des Landes, hat er mit eiserner Faust regiert. Mehr als eintausend Gesetzesbrecher, darunter laut Menschenrechtsorganisationen Kleinkriminelle und Straßenkinder, überlebten die Todesschwadronen nicht, die Duterte tolerierte.

Nun wird er der nächste Präsident. Bei der Wahl am Montag erhielt Duterte knapp 40 Prozent der Stimmen, eine Stichwahl gibt es nicht. Obgleich das Ergebnis noch nicht offiziell ist, haben seine abgeschlagenen Konkurrenten Grace Poe und Mar Roxas ihre Niederlagen bereits anerkannt. Während ausländische Beobachter rätseln, wie das alles geschehen konnte, jubelt das Wahlvolk: „Endlich haben wir einen Präsidenten, der in unserem Land für Recht und Ordnung sorgen wird“, freut sich eine Straßenverkäuferin im lokalen Fernsehen.

Mit diesem Satz ist auch schon Dutertes Wahlprogramm beschrieben. Laut und mit groben Flüchen geschmückt versprach er, binnen sechs Monaten Kriminalität und Korruption auf den Philippinen auszurotten. Über seine Mittel ließ er keine Zweifel zu: „In der Bucht von Manila werden bald dicke Fische schwimmen, denn dort werde ich die Leichen der Kriminellen versenken lassen.“

Weder Innenminister Roxas noch Senatorin Grace Poe hatten dem Sprücheklopfer etwas entgegenzusetzen. Sie stehen für das Establishment in Manila, das sich seit dem Ende der Marcos-Diktatur 1986 ungeniert bereichert, während ein Viertel der 100 Millionen Philippiner erbärmlich arm ist.

Wer Vizepräsident des südostasiatischen Landes wird, steht noch nicht fest. Derzeit führt Maria „Leni“ Robredo äußerst knapp vor Ferdinand „Bongbong“ Marcos. Marcos junior, dem Sohn des 1986 vertriebenen Diktators, fehlt jedes Unrechtsbewusstsein, was die brutale Herrschaft seines Vaters anging. Sollte Robredo gewinnen, hätte der bekennende Viagra-Fan Duterte, der gerne mit jungen Freundinnen prahlt, eine intelligente Politikerin an seiner Seite.

„Ich werde die Leichen der Kriminellen versenken lassen“

Rodrigo Duterte

Gewählt wurden auch Senatoren, Kongressabgeordnete, Gouverneure und Bürgermeister. Mit Geraldine Roman schaffte die erste Transsexuelle den Einzug ins Unterhaus des streng katholischen Landes. Exboxer und Neusenator Manni Paquiao wird das nicht gefallen – der Millionär hatte damit Schlagzeilen gemacht, dass er Schwule für „schlimmer als Tiere“ halte. Neu im Senat ist auch die Menschenrechtlerin und Exjustizministerin Leila de Lima. Sie ist bekannt dafür, Korruption legal zu bekämpfen – im Gegensatz zu Duterte. Der linke Globalisierungskritiker Walden Bello schaffte die Wahl in den Senat nicht.

Wie wird es nun weitergehen unter „Mr. Quick Fix“, wie ihn die Investigativjournalistin Marites Vitug Duterte gestern nannte? „Keine Ahnung“, so Vitug. „Er hat immer nur seine Sprüche wiederholt. Dabei ist das eigentliche Problem unseres Landes die Armut und der Mangel an Jobs. Ich hoffe, er holt sich fähige Berater.“

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