Richard Rother über die mächtige Autofahrerlobby
: Halbherzige ADAC-Reform

Diese Zahl verwundert: Fast eine viertel Million Mitglieder hat der Autofahrerclub ADAC im vergangenen Jahr hinzugewonnen. Und das trotz des Skandals um manipulierte Umfragen und überteuerte Ersatzteile, die Kunden in Not bei der Pannenhilfe aufgeschwatzt wurden. Der Mitgliederzuwachs ist ein Vertrauensvorschuss, den der Club nicht verdient hat. Auch wenn er sich jetzt eine neue Struktur gegeben hat, die den Machtmissbrauch der Funktionäre verhindern soll. Können 19,2 Millionen Mitglieder irren? Ja, sie können.

Denn die Reform des ADAC, der jahrzehntelang Betonpolitik betrieb, ist halbherzig. Mit der Aufspaltung in einen Verein für Pannenhilfe und Mitgliederbetreuung, in eine Aktiengesellschaft für kommerzielle Angebote und in eine Stiftung für die Luftrettung sind nicht alle verbraucherpolitischen Bedenken erledigt, von den verkehrspolitischen ganz zu schweigen. Auch künftig möchte der ADAC mit seinem Image als „Gelber Engel“, der in der Not hilft, bares Geld verdienen: durch den Verkauf von Versicherungen und Reisen, die Interessierte auch anderswo erwerben können.

Ein Gutes aber hatte der Skandal, der vor zwei Jahren aufkam: Der Club, der lange ein Lautsprecher einer rückwärtsgewandten Verkehrspolitik war, hielt sich fortan politisch zurück, selbst bei der Debatte über die Pkw-Maut in Deutschland.

Allerdings hatte auch diese Zurückhaltung eine Kehrseite. Denn bei der Aufdeckung des Abgasskandals der Autokonzerne hätte sich mancher einen lautstarken Verein, der Millionen Auto fahrender Verbraucher vertritt und über ein enormes technisches Knowhow verfügt, durchaus gewünscht. Zwar hat der ADAC schon seit Jahren auf deutliche Differenzen zwischen Labor- und Straßenwerten beim Schadstoffausstoß und Verbrauch vieler Fahrzeuge hingewiesen – aber die betrügerischen Machenschaften der Konzerne mussten und müssen andere aufklären. Ein Armutszeugnis für einen starken Autofahrerclub.

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