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Petition gegen ExzellenzinitiativeSpitzenforschung? Gar nicht spitze

WissenschaftlerInnen wollen die Exzellenzinitiative stoppen. Die Gründe: Zweiklassensystem und befristete Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter.

„Es wird vor allem Verlierer geben“, heißt es in der Petition Foto: dpa

BERLIN taz | Vor der neuen Runde im Wettbewerb der deutschen Superunis um das Prädikat „Exzellenz“ wächst die Kritik an ebenjener Exzellenzinitiative. Diese werde von vielen Forschenden, Lehrenden und Studierenden klar und deutlich abgelehnt, heißt es in einer im Internet veröffentlichten Petition. „Die verschärfte Prestigekonkurrenz und die Umverteilung von unten nach oben werden Forschung und Lehre insgesamt schaden“, prophezeien die Initiatoren.

Im Rahmen der Exzellenzinitiative fördert der Staat seit 2005 Spitzenforschung. Über eine halbe Milliarde Euro fließen jährlich in Forschungsverbünde, Nachwuchsschulen und Spitzenuniversitäten. Ende April haben sich die WissenschaftsministerInnen von Bund und Ländern darauf geeinigt, ab 2019 acht bis elf Exzellenzuniversitäten dauerhaft zu fördern.

Die Kritik der Petition richtet sich zum einen gegen das Zweiklassensystem, welches das Ergebnis eines solchen Wettbewerbs sei. „Es wird vor allem Verlierer geben“, heißt es. Denn wenn Spitzenforschung an wenigen Standorten gebündelt werde, drohten nicht erfolgreiche Hochschulen ihren Status als Forschungsinstitutionen dauerhaft zu verlieren. Statt einer künstlich inszenierten Dauerkonkurrenz um staatliche Mittel solle die Politik lieber für eine solide Grundfinanzierung sorgen.

Unterschrieben haben neben namhaften Eliteforschern wie Richard Münch und Michael Hartmann auch der Berliner Professor und taz-Autor Micha Brumlik und vor allem zahlreiche WissenschaftlerInnen, die im sogenannten Mittelbau als Nachwuchskräfte befristet angestellt sind. Sie sehen die Exzellenzinitiative mit verantwortlich dafür, dass sich die Situation des wissenschaftlichen „Nachwuchses“ weiter verschlechtert habe, „weil sich die Zahl der befristeten Stellen unterhalb der Professur vermehrt hat“. 90 Prozent der hauptamtlich tätigen wissenschaftlichen Mitarbeiter hangeln sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag.

„Wir waren erfreut über die große Resonanz“, erklärt der Jenaer Professor Tilman Reitz, einer der Initiatoren. Seit dem Start der Petition vor einer Woche haben 1.500 Menschen unterschrieben. Ob sie die Exzellenzinitiative stoppen werden, ist dennoch fraglich. Am 16. Juni werden Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Fortsetzung der Exzellenzinitiative wohl abschließend zustimmen.

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3 Kommentare

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  • 3G
    33731 (Profil gelöscht)

    teilen und herrschen

  • Es gibt eine immer stärkere Tendenz dazu die breite Finanzierung von Bildung und Forschung herunterzuschrauben und mit Sonderfördertöpfen kleine Inseln zu fördern. Dies sind Excellenzinitiative oder spezielle Mittel sind, Frauenfördergelder, die nur fliessen, wenn Professorinnen eingestellt werden oder Seminare, die nur für Frauen zugänglich sind. Allen gemein ist, dass der allgemeine Etat immer weiter schrumpft und die Freiheit der Wissenschaft und Forschung ausghölt wird. Zusätzliche Fördermittel sind gut und können auch an bestimmte politische Ziele gebunden werden. Die Verletztung der Gleichberechtigung und der Freiheit von Wissenschaft und Forschung kann aber nur hingenommen werden, wenn gleichzeitig die allgemeine Finanzierung gewährleistet bleibt.

    • @Velofisch:

      Sie können's echt nicht lassen, zu jedem akademischen Thema Ihren obsessiven Hass auf Frauenförderung abzulassen und das, was Sie irrigerweise für Gender Studies halten? Grüße aus dem weiblichen akademischen Mittelbau: Die katastrophale Arbeitssituation an deutschen Universitäten hat wirklich herzlich wenig mit irgendwelcher Förderung für Frauen zu tun. Die übrigens genauso wie unsere männlichen Kollegen und noch mehr in prekärsten Teilzeitfristverträgen darben - um als Belohnung für beste Arbeit in selbstausbeuterischster Quantität nicht etwas weiter beschäftigt zu werden, sondern zum Dank wieder rausgeschmissen zu werden, weil man sich ja sonst ggf. nach dem Xten Kettenfristteilzeitvertrag mal irgendwann das Recht auf eine etwas festere Anstellung einklagen könnte.