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Kein Ergebnis, nirgends

AUSSTELLUNG In der Gesellschaft für Aktuelle Kunst zeigen Guiton-SchülerInnen der Bremer Hochschule für Künste ihre Arbeiten und hinterfragen spielerisch mit vordergründig Absurdem das Alltägliche

Es muss ja nicht alles gleich einen Sinn haben. Es geht schließlich um Kunst! In diesem Falle um jene der SchülerInnen von Jean-François Guiton im Atelier für Zeitmedien. Der französische Videokünstler ist Professor an der Bremer Hochschule für Künste. Und seine Klasse darf gerade, einer Tradition folgend, in der Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK) auf dem Teerhof ausstellen. „Flatlands“ nennt sich das, in Anlehnung an einen Roman von Edwin Abbott, und natürlich geht es darin, wie oft bei Guiton, um die Verschränkung von Raum und Zeit.

Bei seinen Studierenden geht es um – nein, das ist gar nicht so leicht zusagen, jedenfalls nicht darum, dass die Dinge einen Sinn haben. Eher darum, durch offenkundig erst mal Absurdes das Alltägliche zu hinterfragen. Zum Beispiel unser Verhältnis zu Statistik: Da hat eine Künstlerin eine Woche lang im Atelier gesessen und fein säuberlich dokumentiert, was sie da so alles gesehen hat, das noch dazu als Buch drucken lassen und in einen dafür viel zu großen Aktenschrank gestellt. Das ist natürlich albern und sturzlangweilig, kann man sagen. Und doch stellt es das weit verbreitete Bedürfnis infrage, das Leben in Zahlen zu fassen und solchermaßen zu optimieren.

Ein anderer hat eine Maschine gebaut, die in einer Endlosschleife das immergleich Nutzlose wiederholt. Gleich daneben rattert immer mal wieder ein Bohrhammer, entlang eines Risses, der sich quer durch die GAK zieht. Selbstverständlich hat auch das schwere Werkzeug gar keine Funktion, außer der, etwas Angst und Lärm zu verbreiten. In 23, 28 Jahren wäre der Meißel weggefressen, hat jemand dazu berechnet, handschriftlich, an der Wand. Wenn es denn stimmt. Und natürlich ist das eh egal.

Andere Studierende wiederum haben zwar ein klares Thema, aber in ihren Arbeiten noch nicht den richtigen Fokus dazu gefunden. Dazu gehören zwei großformatige Fotos mit dem Titel „Wohnen“, die Platten- und Altbauten gegenüberstellen. Und eine Video-Installation karikiert das Phänomen der beliebten Blockbuster-Ausstellungen, indem sie die Menschenmassen zeigt, die an van Goghs Sonnenblumen vorbeipilgern, sie fotografieren – und doch im Grunde die Kunst ignorieren. Leider hat dieses wunderbare Video einen völlig überflüssigen zweiten Teil, der zwar kirre macht, aber vom Eigentlichen ablenkt.

Eine gemeinsame Basis haben sie dann doch, die Guiton-SchülerInnen: Sie haben es in ein George Bataille-Zitat gekleidet: „Was man von uns erwarten kann, ist so weit wie möglich zu gehen und nicht zu einem Ergebnis zu gelangen.“ Letzteres ist ja eh das Vorrecht der Kunst. Und ersteres jedenfalls eine lobenswerte Utopie. Jan Zier

Bis 8. Mai, GAK, Teerhof 21

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