Ein hundsmiserables Gesetz

Tierschützer und Tierärzte kritisieren vehement geplantes Hamburger Hundegesetz. Statt Sicherheit vor gefährlichen Beißern drohe nur ein bürokratischer Wasserkopf. Verantwortliche Behörde mag die Kritik nicht kommentieren

Fachlich miserabel, juristisch fragwürdig, praktisch undurchführbar und obendrein für Mensch und Tier hochgefährlich: In einer Stellungnahme zum geplanten Hundegesetz, über das am Abend eine Anhörung im Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft stattfand, ließen Tierärzte und Tierschützer den Entwurf vorab glatt durchfallen.

Kritikpunkt 1: Die im Gesetz vorgenommene Unterteilung in weniger gefährliche und gefährliche Hunderassen, deren Auslauf ohne Maulkorb und Leine generell untersagt werden soll, sei unhaltbar. Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit: „Dass es einen Zusammenhang zwischen Rasse und Gefährlichkeit gibt, ist durch Studien längst eindeutig widerlegt.“ Bei den 202 im vorigen Jahr in Hamburg registrierten Fällen, in denen Menschen gebissen wurden, waren nur dreimal als gefährlich oder besonders gefährlich eingestufte Hunde die „Täter“. 57-mal bissen Schäferhunde zu, die aber nicht als gefährlich gelten.

Kritikpunkt 2: Der obligatorische Leinen- und Maulkorbzwang für „gefährliche“ Hunderassen macht die Tiere aggressiv. Wollenteit: „Diese Regelung ist gefahrenerhöhend.“ Das Sozialverhalten der Tiere „wird so schlechter, die Probleme größer“, betont auch Bernd Meyer vom Verband für das Deutsche Hundewesen. Zudem verstoße eine Anleinpflicht gegen das Tierschutzgesetz, da eine „artgerechte“ Haltung so nicht möglich sei.

Kritikpunkt 3: Das Gesetz trifft die Falschen. „Alle Kapazitäten konzentrieren sich auf ganz normale Hundehalter“, kritisiert Meyer. Da alle in Hamburg angemeldeten 37.400 Hunde samt Halter binnen eines Jahres eine Gehorsamkeitsprüfung absolvieren müssen, um sich vom Maulkorb- und Leinenzwang befreien zu lassen, droht ein bürokratischer Wasserkopf.

Denn die Hundeschulen, die diese Prüfungen abnehmen dürfen, müssen genauso staatlich kontrolliert werden wie die Einhaltung der Leinenpflicht. Zudem sei wegen der Menge an Hunden und Haltern nur eine „Gehorsamsprüfung light“ möglich, die über das Aggressionspotenzial des Hundes in Stresssituationen nichts aussage.

Dafür gäbe es weder genug Personal noch gesetzliche Grundlagen, die etwa 500 Hunde samt Halter zu überprüfen, die pro Jahr bei Beißattacken auffällig werden, und Auflagen auszusprechen. Genau das aber tue not. Barbara Schöning, die seit 13 Jahren als Gerichtssachverständige Hunde begutachtet, die Menschen angegriffen haben, betont: „Mir ist kein Fall bekannt, dass ein Hund, der einen Menschen verletzt hat, nicht vorher schon auffällig geworden ist.“

Die Ohren offen bei dem Verriss der Novelle hielt Hartmut Stienen, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Sein Mund aber blieb bis auf einen Kurz-Kommentar verschlossen: „Wir äußern uns gegenwärtig nicht zu dem Entwurf, dessen Beratung jetzt bei der Bürgerschaft liegt.“ Ein Schelm, wer dabei an Maulkörbe denkt. Marco Carini