Ein bisschen Rache könnte den Weg ebnen

Ukraine Die harte Verurteilung von zwei russischen Soldaten dürfte als taktischer Schachzug dienen

Die Angeklagten bei der Urteilsverkündung in Kiew Foto: Roman Pilipey/dpa

KIEW taz | Der russische Soldat Jewgeni Erofejew spricht von Rache. Mit der am Montag gegen ihn und seinen Kameraden Alexander Alexandrow verhängten hohen Haftstrafe habe sich die Ukraine an Russland für die Verurteilung der ukrainischen Pilotin Nadija Sawtschenko rächen wollen.

Auch der russische Konsul in Kiew, Alexei Grubi, ist der Ansicht, dass das Gericht in Kiew unter Druck gesetzt wurde. Erofejew und Alexandrow waren am Montag zu einer Haftstrafe von je 14 Jahren verurteilt. Beide hatten aufseiten der Aufständischen im Donbass gekämpft. Die in Russland verurteilte und inhaftierte ukrainische Pilotin Nadija Sawtschenko widersprach über ihren Anwalt Mark Feigin der Auffassung, der Prozess gegen die beiden russischen Kämpfer sei mit ihrem vergleichbar. Sie sei nach Russland entführt worden, die beiden russischen Soldaten hingegen hätten sich aus freien Stücken auf den Weg in den Donbass gemacht.

Das Gericht sah die Beteiligung der beiden, die im Mai 2015 in Gefangenschaft geraten waren, an einem aggressiven Krieg, ihre Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, Einsatz von Waffengewalt und unerlaubten Waffenbesitz als erwiesen an. Erofejew und Alexandrow hatten sich bei ihrer Gefangennahme als Offiziere des russischen Militärgeheimdienstes GRU ausgegeben. Später erklärten sie, ihren Dienst bei den Streitkräften im Dezember 2014 quittiert zu haben.

Der Prozess hatte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden. Auf dem Weg vom Untersuchungsgefängnis zum Gericht mussten die Angeklagten Helme und schusssichere Westen tragen. Im März war der Anwalt von Alexandrow, Juri Grabowski, unter mysteriösen Umständen ermordet worden, wenig später wurde auf das Büro von Richter Nikolai Didik ein Brandanschlag verübt.

Gegen Ende des Prozesses schienen alle Beteiligten an einem schnellen Ende interessiert zu sein. So wechselte man bei einer plötzlichen Erkrankung der Dolmetscherin kurzfristig vom Ukrainischen in das Russische. Ukrainische Medien sehen in der Eile, mit der man zu dem Urteilsspruch kam, Anzeichen für einen bevorstehenden Gefangenenaustausch.

Vieles deutet auf einen baldigen ­Austausch der ­Gefangenen hin

Nur Stunden nach dem Urteil telefonierten die Präsidenten Petro Poroschenko und Wladimir Putin miteinander. Thema des Gesprächs sollen auch die inhaftierten RussInnen und UkrainerInnen gewesen sein. Bereits im März hatte Poroschenko Russland einen Austausch von Alexandrow und Erofejew gegen Nadija Sawtschenko angeboten.

Offensichtlich ist Bewegung in die Verhandlungen über einen Austausch von ukrainischen und russischen Gefangenen gekommen. Am Rande des Prozesses hatte Nadeschda Prusenkowa, Reporterin der russischen Nowaja Gaseta, intensive Gespräche zwischen den Anwälten der Pilotin Nadija Sawtschenko und der beiden verurteilten russischen Soldaten beobachtet. Bernhard Clasen