Ein bewährtes Revoltieren

Theater Das Bremer Theater präsentiert das Programm der Spielzeit 2016/17. Man setzt auf Kontinuität und befasst sich mit „Europa in der Krise“

Die Bewegungslust scheint im Haus hoch infektiös zu sein

Nicht nur abwechslungsreich, auch vielseitig sei das alte wie das neue Programm des Theaters Bremen – und zudem „anspruchsvoll, attraktiv, gut angenommen, vorbildlich, …“. Zur Eröffnung der Spielplanpräsentation wollten Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz die Worte gar nicht ausgehen – in stoßseufzender Begeisterung. Musste doch für einige Produktionen das lange vermisste „Ausverkauft“-Schild wieder reaktiviert werden. Das Theater sei nicht nur in der Mitte, dank der Nischenprogramme auch am Rand der Gesellschaft angekommen.

Da wollte Intendant Michael Börgerding nicht zurückstehen und berichtete über die stetig steigende Zahl internationaler Gastspieleinladungen für Bremer Produktionen. Fortsetzen sollen den Trend die 33 Premieren der Saison 2016/17: Abschiedsspielzeit von Generalmusikdirektor Markus Poschner und Start der leitenden Schauspiel-Regisseurin Alize Zandwijk. Sie wird neben Brechts „Sezuan“ und Tom Lanoyes „Gas“, passend zum spartenübergreifenden Wollen der Leitung, auch einen Abend der Tanzcompagnie choreografieren.

Die Bewegungslust scheint im Haus hoch infektiös zu sein. Auch Moks und Junge Akteure habe je eine Tanzproduktion im Premierenplan. Zum Erfolg der Tanzsparte befragt, erklärte Chef Samir Akika, er arbeite wie der Fußballtrainer von Atlético Madrid: Keine teuren Stars kaufen, sondern das Team zusammenhalten, reifen lassen und punktuell mit jungen Leuten bereichern. Madrid hat gerade den FC Barcelona aus der Champions League geworfen, Akika will mit zwei Uraufführungen triumphieren.

Auch Börgerding setzt in seiner fünften Spielzeit auf Kontinuität. Nur drei Sänger und eine Schauspielerin kommen neu, die Inszenierungen werden fast ausnahmslos von in Bremen wohlbekannten Regisseuren verantwortet.

Der Spielplan generiere sich aus dem Nachdenken über „Europa in der Krise“, so Börgerding. Mehrfach ist von der Revolte als Grundhaltung zur Welt die Rede. Nicht überraschend bei der Saisoneröffnung mit „Dantons Tod“, das die ehemaligen „artists in residence“ Gintersdorfer/Klassen als „postkoloniales Theaterstück nach Büchner“ inszenieren wollen.

Thomas Melle erhielt einen Stückauftrag. In der Oper darf Michael Talke seine Publikumshits fortsetzen – mit Rossinis „Barbiere di Siviglia“. Marco Štorman lässt Brittens „Peter Grimes“ nun Wagners „Parsifal“ folgen. Freunde zeitgenössischer Musik müssen sich mit der Bremer Erstaufführung von Karl Amadeus Hartmanns „Simplicius Simplicissimus“ begnügen, komponiert in den 1930er- Jahren. Jens Fischer