heute in Bremen
: „Ein hohes Maß an Distanz“

stuDIE Im Rathaus redet der Bürgermeister mit Jugendlichen über die Sprache der Politik

Bettina Fackelmann

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ist promovierte Kommunikationswirtin und als Organisationsberaterin tätig. Sie lebt in Berlin.

taz: Was ist für junge Leute so abschreckend an der Sprache der Politik, Frau Fackelmann?

Bettina Fackelmann: Wir haben in unserer Studie bewusst nicht nach Parteien und Gremien gefragt. Sondern danach, wo den jungen Menschen Politik begegnet und wie sie das wahrnehmen. Ihre Hauptkritik war die Unverständlichkeit der Sprache. Die schafft ein hohes Maß an Distanz und gibt ihnen das Gefühl, dass Mitmachen da gar nicht erwünscht ist.

Wie viele Menschen haben Sie für Ihre Studie befragt?

Sie basiert auf Gruppeninterviews und Online-Befragungen von 30.000 Personen zwischen 12 und 25 Jahren. Die Befragung ist aber nicht repräsentativ.

Drückt sich die Politik absichtlich so unverständlich aus –oder kann sie es nicht besser?

Die Befragten haben Verständnis für die Fachsprache. Sie verlangen aber, dass die Inhalte verständlich gemacht werden, sobald sich die Politik an eine breitere Öffentlichkeit richtet. Wichtig ist, dass die Politik, Medien und andere Akteure sich bewusst machen, zu welcher Gruppe sie gerade sprechen.

Was müsste besser werden?

Auch eingedeutschte Fremdwörter erzeugen sehr schnell Distanz. Zudem entstehen in der Politik immer wieder Kunstbegriffe, die innovativ wirken sollen und sich dann einfach durchsetzen, „active aging“ zum Beispiel. Auch die erzeugen Distanz. Es geht auch um den Duktus des Dialogs, etwa in Talkshows. Da geht es teils sehr aggressiv zu und nicht themen- oder lösungsbezogen – das schreckt ab. Das alles haben die Befragten unglaublich gut beobachtet, übrigens unabhängig vom angestrebten Schulabschluss. Wobei auch deutlich wurde: Bildung hilft, die Distanz zwischen Jugend und Politik zu verringern – mehr und ein verbesserter Politikunterricht könnten da viel bewirken.

Interessieren sich die Betroffenen der Politik für die Studie?

Nein. Aus dem politischen Sektor kam quasi null Resonanz.

Warum?

Das ist schwer zu sagen. Der Alltag der Politiker ist sehr fordernd und in der Sprache kommt viel Unbewusstes zum Vorschein. Das Thema wirft grundsätzliche Fragen auf, die eher nach hinten gedrückt werden. Politik, Wissenschaft, Medien und Wirtschaft müssten sich auf einen anderen Duktus verpflichten. INTERVIEW: Jan Zier

17 Uhr, Rathaus