Clara Hoppe
: Zukunft von gestern (I)
Katastrophen und Fast-Katastrophen

INTERVIEW-RÜCKBLICK Bereits Ende 2011 interviewte die taz.nord Menschen zu ihren Plänen für das kommende, nunmehr fast vergangene Jahr. An dieser Stelle verraten wir, was daraus geworden ist – und was nicht geklappt hat

„Die Menge ist noch zu klein, um marktreife Produkte in den Handel zu bringen“

Anke Domaske, Unternehmerin

Am 27. 12. 2011 sprach die Polarforscherin Clara Hoppe mit uns über ihre bevorstehende Expedition in die Antarktis.

Nur ihren Bikini hat die Polarforscherin Clara Hoppe umsonst eingepackt. Von Januar bis März 2012 war sie für das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut auf Expeditionsreise in der Antarktis. Was sie im taz-Interview noch nicht ahnte: Der Swimmingpool des Forschungsschiffs „Polarstern“ blieb die ganze Fahrt über unbenutzbar. Von Kapstadt aus ging’s mit nur einem Halt über 7.305 Seemeilen Richtung Ewiges Eis.

Der leere Pool war erst der Anfang: Das für die Forschung noch relevantere Tiefsee-Gerät blieb schon in den ersten Wochen am Meeresboden hängen. Für das Ersatzgerät war der Grund häufig zu steinig. Oft verloren auch die Schiffs-Navigatoren den Wettstreit mit der Natur: Auf der Suche nach Ozeanwirbeln, die die WissenschaftlerInnen wie ein natürlich begrenztes Labor besonders gut untersuchen können, kam das Schiff oft zu spät. Auf der Insel Südgeorgien dann besuchte die Besatzung das Grab von Expeditionspionier Ernest Shackleton. Der wird dafür verehrt, dass er seine Mannschaft immer heil nach Hause brachte – Hoppe entging in einer verlassenen Walfang-Station nur knapp dem Angriff einer Horde Seerobben (die zum Glück sehr langsam sind).

Just wieder auf dem Trockenen, erwartete die Crew im chilenischen Zielhafen Punta Arenas die größte Überschwemmung seit Jahren. Ein Teil der WissenschaftlerInnen saß über der gefluteten Hotellobby fest. Ergebnisse brachte Hoppe trotz allem mit: Sie fand heraus, dass die von ihr untersuchten Algen leider weniger CO2 in die Tiefsee transportieren als von KollegInnen ursprünglich angenommen. Damit reiste sie 2012 von Konferenz zu Konferenz und stellte sich in Kalifornien der Kritik von 500 MeeresbiologInnen. Ein Angebot, im Januar erneut mit dem Schiff zu forschen, hat sie abgelehnt – weil sie ihre Doktorarbeit fertigstellen will.  JPB

Anke Domaske
Starttermin verschoben

Am 31. 12. 2011 interviewten wir die Mikrobiologin Anke Domaske aus Hannover über ihre Pläne, Stoffe aus Milch herzustellen.

Allein im ersten Halbjahr 2012 gab es 39 Medienberichte in ganz Europa – Anke Domaskes Milchfaser ist der Renner, obwohl es sie noch immer nicht gibt. Also es gibt sie schon, man kann sie anfassen. Und das 2010 angemeldete Verfahren zur Herstellung von Milchproteinfasern mit wenig Wasser, mit niedrigen Temperaturen, in kurzer Zeit und ohne den Einsatz von Schwefelsäure, Natriumacetat und Formalin ist am 28. Juni 2012 veröffentlicht worden, unter der deutschen Patentnummer 10 2010 054 661 A1 2012.06.28, und weltweit als WO2012079760 (A1).

Aber das, was die Erfinderin und Unternehmerin aus Hannover im Dezember 2011 als Primärziel benannt hatte, nämlich eine Produktion aufzubauen und die Faser „auf den Markt“ zu bringen, hat sich verzögert. „Die Menge von sechs Kilo pro Stunde, die wir zurzeit herstellen, ist noch zu klein, um marktreife Produkte in den Handel zu bringen“, so Domaske.

Der Produktionsaufbau ist nämlich doch noch strapaziöser als gedacht: Den ursprünglich für Sommer 2012 avisierten Start hat sie verschoben – auf Oktober 2013. „Wir haben uns die Zeit genommen, unsere erste Anlage genau zu planen.“ Sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, ist sinnvoll, wenn man hohe Ansprüche an sich selbst hat – und sie durch erhebliche Medienpräsenz bei anderen weckt. Dass die Faser aus einem Extrakt sonst für die Entsorgung gedachter Milch besteht, universal modellierbar ist und entzündungshemmende Eigenschaften aufweist, macht sie im Grunde für jeden interessant – außer für Veganer.

Die Veröffentlichung des eigenen Patents hätte Domaske beinahe verpasst: „Der Brief lag sogar davor noch Tage auf meinem Schreibtisch“, erzählt sie. Eine große Party hat’s nicht gegeben in der kleinen Firma. „Natürlich haben wir uns gefreut, aber dann weitergearbeitet.“ Zurzeit sei das leider so, „dass wir uns nicht richtig die Zeit nehmen, Erfolge zu feiern“.  BES