Teilsieg für den Senat

UNTERKUNFTS-URTEIL

Zwei Juristen – drei Meinungen. Eigentlich ist das eine Floskel, aber Anselm Sprandel hat in den vergangenen Monaten sehr real erfahren müssen, wie sich solche Wechselbäder anfühlen. Kaum glaubte der Hamburger Flüchtlingskoordinator einen Standort für eine Folgeunterkunft gefunden zu haben, verhängte das örtliche Verwaltungsgericht einen Baustopp – auf Antrag von Anwohnern hin.

In dieser Woche nun konnte Sprandel aber Erfolge feiern, und das sogar gleich zwei Mal: Am Montag hob Hamburgs Oberverwaltungsgericht (OVG) einen Baustopp im Stadtteil Lemsahl-Mellingstedt auf; dort sollen 252 Menschen unterkommen. Und am Mittwoch gab dasselbe Gericht grünes Licht für die auch überregional beachtete, zunächst von Anwohnern verhinderte Unterkunft im Stadtteil Blankenese; hier sollen 192 Mensch leben.

Zuvor hatte das Verwaltungsgericht mehrere Bauvorhaben gestoppt, denn die Baugenehmigungen stützten sich auf den eigens geschaffenen Paragrafen 246 des Baugesetzbuches: Der besagt, dass wegen der verfassungsrechtlich notwendigen Flüchtlingsunterbringung auch gegen gültige Bebauungspläne verstoßen werden darf. Das Verwaltungsgericht stellte den Sonderparagrafen grundsätzlich infrage; die Stadt müsse zunächst darlegen, dass es nirgends eine alternative Fläche gibt.

Diese Auffassung hat das OVG nun korrigiert – in ihr Gegenteil: Ziel des Bundesgesetzgebers sei es ja gerade gewesen, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, ohne aufwendige Genehmigungsverfahren agieren zu können – „um dringend benötigte Unterkunftsplätze für Flüchtlinge und Asylbegehrende zu schaffen“.

Gegen den OVG-Beschluss ist weder das Rechtsmittel der Beschwerde noch der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zugelassen worden, daher kommt ihm Präzedenzcharakter zu. Offen ist, wie dasselbe Gericht bei nächster Gelegenheit entscheidet: Im dörflichen Stadtteil Klein-Borstel geht es nicht um eine auf drei Jahre begrenzte mobile Unterkunft, sondern um den Bau eines dauerhaften Zuhauses für 700 Menschen. KVA