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Tricksen bei der Abgasreinigung630.000 Autos werden zurückgerufen

Das Verkehrsministerium stellt fest, dass nicht nur VW getrickst hat. Die Hersteller wollen nun Hunderttausende Autos zurückrufen.

Da hilft die beste Politur nichts: Auch Daimlers Dieselfahrzeuge sind dreckiger als gedacht Foto: dpa

BERLIN taz | Ein Thermofenster ist eigentlich ein sinnvolles Bauteil: Es dient dazu, im Winter kalte und im Sommer heiße Luft draußen zu halten, wodurch viel Energie bei der Heizung oder Kühlung von Gebäuden gespart werden kann. Den positiv besetzten Begriff des Thermofensters verwendet Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nun dafür, einen massiven Betrug an den Verbrauchern schönzureden, durch den Gesundheit und Umwelt geschädigt wurden. Die Rede ist vom Einsatz von Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung bei zahlreichen Dieselautos – und zwar nicht nur vom Volkswagen-Konzern, der den Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen bereits zugegeben hatte.

Monatelang hatte eine von Dobrindt eingesetzte Untersuchungskommission geforscht, ob und in welchem Umfang auch andere Hersteller bei der Abgasreinigung tricksen. Das Ergebnis ist erschreckend: Es habe eine große Bandbreite bezüglich der in den Labor- und Straßenmessungen festgestellten NOx-Emissionswerte gegeben, sagte Dobrindt am Freitagnachmittag im Bundesverkehrsministerium in Berlin. Im Klartext bedeutet das: Teilweise wurden die Grenzwerte für den Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide stark überschritten.

Stickoxide können Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen. An vielen Messstellen der Republik wurden in den letzten Jahren immer wieder hohe Stickoxidwerte gemessen, obwohl die Autos eigentlich immer sauberer wurden. Jetzt weiß man, warum: Die Autos wurden auf dem Papier sauberer – in der Realität aber blieben sie oft dreckig, um mehr Leistung aus den Motoren zu holen oder ein paar Euro bei der Herstellung zu sparen.

Viele Hersteller haben nun laut Dobrindt „Thermofenster“ entwickelt, innerhalb deren die Hersteller die Abgasreinigung zurückfahren würden. Dies sei rechtlich zulässig, wenn die Einrichtung des Thermofensters – also etwa sehr hohe oder sehr niedrige Temperaturen – notwendig sei, um den Motor vor Beschädigungen oder das Fahrzeug vor einem Unfall zu schützen.

„Kniefall vor Autokonzernen“

Bei 22 von 53 untersuchten Fahrzeugtypen bestanden laut Dobrindt aber Zweifel, „ob die gewählten Thermofenster in vollem Umfang durch den Motorschutz gerechtfertigt sind“. Bei 4 Fahrzeugtypen aus dem VW-Konzern wurden illegale Abschalteinrichtungen erkannt; lediglich 27 Fahrzeuge waren laut Dobrindt unauffällig, das heißt, dass etwaige Grenzwertüberschreitungen physikalisch-technisch plausibel waren.

Als Konsequenz aus dem Ausnutzen der „Thermofenster“ wollen nun Hersteller europaweit 630.000 Fahrzeuge freiwillig zurückrufen und eine funktionierende Abgasreinigung installieren. Dabei soll sich weder die Leistung noch der Verbrauch verschlechtern. Dies betrifft die Hersteller Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW. Weitere Hersteller, etwa Renault und Fiat, stehen mit Dobrindts Ministerium in Verbindung.

Zudem weist Dobrindt als Sofortmaßnahme das Kraftfahrtbundesamt an, vor der Erteilung einer Typengenehmigung bei neuen Modellen eine Erklärung zu verlangen, ob sie Motorschutzeinrichtungen verwenden. In diesem Fall müsse die entsprechende Software offengelegt werden, und es gebe Nachmessungen auf der Straße.

Die Deutsche Umwelthilfe, die mit eigenen Messungen die Aufklärung des Skandals vorangetrieben hatte, kritisierte Dobrindt scharf. „Der Verzicht auf einen amtlich verfügten und damit rechtlich geregelten Rückruf ist ein erneuter Kniefall vor den Autokonzernen“, erklärte die Umweltorganisation.

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3 Kommentare

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  • Herr Dobrindt verkauft die deutschen Bürger für dumm. Allein die Schaffung des Begriffes "Thermofenster" ist eine unglaubliche Provokation. Die EU-Richtlinien fordern beim bestimmungsgemäßen Betrieb eine Abgasbehandlung und erlauben NUR AUSNAHMSWEISE eine Abschaltung der Abgasbehandlung. Tatsächlich haben hier deutsche Automobilhersteller gegen geltendes Recht verstoßen, die Gesundheit von deutschen Bürgern bewusst gefährdet und stehen dafür jetzt nicht ein. Das wird so sicher nicht durchgehen. Spätestens, wenn die Amerikaner sich das genauer ansehen und die ersten Prozesse in den USA laufen.

  • Mir ist unklar wie das ohne Mehrverbrauch oder Leistungseinbußen gehen soll. Weniger NOx geht entweder mit Katalytischer Reduktion, dann braucht man mehr Harnstoff. Oder man senkt die Verbrennungstemperatur (z.B. durch mehr Abgasrückführung), dann hat man weniger Leistung oder mehr Dieselverbrauch. Außerdem hat man dann mehr Ruß, was wieder andere Probleme machen kann.

    Meiner Ansicht nach wird die Öffentlichkeit hier nicht ehrlich informiert. Wenn weniger NOx ohne Probleme und ohne Mehrverbrauch oder Leistungseinbußen möglich wären, dann hätten die Hersteller, dass von Anfang an gemacht.

  • Dass die Herren Wissmann und Dobrindt die Welt zum Narren halten können,liegt an der gut funktionierenden Korruption.Nur in den Staaten hat man anscheinend vergessen entsprechende Stellen zu schmieren und da war´s dann passiert.

    Wer gestern Matthias Wissmann im unglaublich peinlichen und dummdreisten Interview mit Marietta Slomka im "heute journal" gesehen hat,dem wird bestimmt die Klappe gefallen sein.Dass kein Sturm der Entrüstung über diesen Berufslobbyisten und Verbrecher Wissmann durchs Land geht liegt daran,dass die meisten Menschen gar nicht kapiert haben,welchen Blödsinn dieser da eigentlich erzählt hat.

    Wissmann gehört sofort verhaftet und bis zur vollkommenen Klärung der Abgasaffäre in Untersuchungshaft zu halten und nur wenn er signifikant zur Aufklärung beitragen sollte,was nicht zu erwarten ist,sollte er in ungefähr 10 Jahren wieder rausgelassen werden.Dieser Wicht ist für zehntausende Feinstaubtote weltweit verantwortlich und Dobrindt hat ihm nach Kräften zugearbeitet.Zwei Flaschen,die unbedingt aus der Politik entfernt gehören.