MUSIK

Musik Tim Caspar Boehme

hört auf den Sound der Stadt

Früher oder später führt diese Woche ins Sowieso. Früher, wenn man sie Donnerstag beginnen lässt mit dem Auftritt eines Trios um den Saxofonisten und immer noch größten Free-Jazz-Kämpen hierzulande, Peter Brötzmann, der mit dem Posaunisten Steve Swell und Paal Nilssen-Love am Schlagzeug sich daran versuchen wird, die Wände in der Weisestraße 24 zum Einsturz zu bringen. Vorsichtshalber lassen wir die Woche daher erst am Freitag am selben Ort beginnen, wenn sich dort ein Quartett um die Pianistin Tania Chen aus Los Angeles einfindet. Chen, die auch als Interpretin des Avantgarde-Aleatorikers John Cage in Erscheinung tritt, spielt an diesem Abend an elektronischen Instrumenten und diversen Objekten, wie sie ein Haushalt so mit sich führt. Verstärkt wird sie von den Wahlberlinern Liz Allbee an der Trompete, dem Vibrafonisten Emilio Gordoa und dem Kontrabassisten Adam Pultz Melbye, die bei ihren Improvisationsklangerkundungen weniger brachial vorgehen dürften als die drei Kollegen am Donnerstag (Weisestr. 24, 20.30 Uhr).

Umso brachialer und lauter könnte es dafür am Sonntag im Cassiopeia werden, wo man – hoffentlich – das Konzert der Woche geboten bekommen wird: Blind Idiot God, Abstrakt­rocker und Dub-Reggae-Transformatoren der ersten Stunde, halten dort Einzug, um den aktuellen Entwicklungsstand ihres verzerrt-verdichteten Schaffens kundzutun. Wobei man mit der Besetzung etwas großzügig sein sollte, vom ursprünglichen Trio ist lediglich Gitarrist Andy Hawkins verblieben, statt Gabe Katz und Ted Epstein versehen jetzt jüngere Mitstreiter den Dienst an Bass und Schlagzeug. Das verhindert idealerweise, dass die Veranstaltung allzu nostalgisch gerät (Revaler Str. 99, 20 Uhr, 12/15 €).

Nostalgisch in einem anderen Sinne liest sich die Ankündigung für das Konkurrenzprogramm des Sonntags im Studio 8, wo der australische Pianist Chris Abrahams, einmal in der Formation Tree mit Burkhard Beins an analoger Elektronik und Andrea Ermke mit Samples,und einmal im Duo mit dem US-amerikanischen Elektroniker Bryan Eubanks zu hören sein wird. Nostalgisch insofern, als Abrahams in beiden Konstellationen einen Yamaha DX7 spielen wird, einen der erfolgreichsten und seiner Bedienung und des digitalen Klangs wegen meistgehassten Synthesizer der Musikgeschichte – ein echtes Kind der achtziger Jahre eben (Grüntaler Straße 8, 20 Uhr).

Mittwoch schließt die Woche dann ohne elektronische Geräte, sondern mit Saiteninstrumenten und Schlagzeug: Im Zig Zag Jazz Club gastiert der israelische Gitarrist Rotem Sivan mit seinem Trio – und mit ergreifend zurückgenommenem Spiel (Hauptstraße 89, 21 Uhr).