THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Das ist eigentlich das Letzte, was man sich vorstellen kann: die Perfomancegruppe Gob Squad adaptiert einen Roman. Und dann noch Tolstojs Mega-Schinken „Krieg und Frieden“, englisch „War and Peace“. Bisher waren sie für partizipative Projekte mit überraschendsten Reflexionsvolten berühmt und geliebt, und nun das: 1.256 Seiten Prosa mit circa 135 Charakteren? Aber wer sagt denn, dass sich beides nicht kombinieren ließe: Roman und gob-squadischer Theaterdiskurs. Und so haben die Performer für sich selbst und den Roman eine Art diskursiven Salon gebaut, in dem sie den Stoff dialogisch bzw. multiperspektivisch entwickeln. Da reden Leute wie wir über den Roman und sein Thema (Kriege gegen Napoleon zwischen 1805 und 1812), und zwar so wie unsereins auf dem Fernsehsofa über die aktuellen Kriege. Parallel dazu werden auf einer zweiten Bühne sozusagen simultan Versatzstücke der Romanhandlung gespielt. Dramatische Postdramatik also erwartet uns (hoffentlich) in der Volksbühne, wo die Inszenierung nach der Premiere an den Münchener Kammerspielen nun in Berlin in die nächste Runde geht (Volksbühne, 21. 4.,20 Uhr, 22. 4., 15 Uhr & 20 Uhr, 24. 4., 21 Uhr).

Im Ballhaus Ost geht die aktivistische Theaterkombo ©Hysterisches Globusgefühl mit ihrer neuen Produktion „Chaosgeräusche“ an den Start und verspricht die Vorführung einer komponierten Klangkulisse des Chaos. Ob man hierzu tatsächlich die Künste bemühen muss und ob es nicht reicht, sich einfach medial chaostechnisch zuzudrönen, sei einmal dahingestellt. Denn an Chaos herrscht allenthalben ja nun gerade wirklich kein Mangel. Komponiertes Chaos allerdings, das ist ja schon in sich ein Widerspruch. Weil: entweder komponiert oder Chaos. Und so sind wir also gespannt, inwiefern hier Herkömmliches unterwandert werden soll und jegliche Realität bezweifelt. Denn genau das wird versprochen (Ballhaus Ost: „Chaosgeräusche“, 21.–24. 4., 20 Uhr).

Nicht nur, weil es Frühling wird, möchten wir an dieser Stelle noch einen Ausflug nach Potsdam empfehlen. Dort werden nämlich in den zahlreichen Parks und Gärten gerade nicht nur die Bäume grün. Im Hans Otto Theater bringt der hochgelobte junge Regisseur Alexander Nerlich Ibsens berühmtes Stück über den Egomanen Peer Gynt heraus. Dem Kapitalisten, Sklavenhändler, Weltenbummler und Träumer in Personalunion (Hans Otto Theater, Potsdam: „Peer Gynt“, Premiere 23. 4., 19.30 Uhr).

Im Deutschen Theater inszeniert Stephan Kimmig Michel Houellebeqcs Romanstoff „Unterwerfung“ (Deutsches Theater: „Unterwerfung“, Premiere 22. 4., 19.30 Uhr).