LeserInnenbriefe
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Erhellender Artikel

betr.: „Einen Maulkorb für den Unbequemen“ von Claudia Hennen, taz vom 19. 4. 16

Ich bin entsetzt, wie nach NSU immer noch gegen Menschen vorgegangen wird, die unsere übliche Vergangenheit aufhellen wollen.

Schon in meiner Kindheit haben wir in der Schule so gut wie nichts über diese Zeit gehört. Ich ging auf eine winzige Volksschule in einem sehr kleinen Ort. Ich habe mir mein Wissen durch viel Lesen selbst beigebracht. Schon damals konnte ich nicht verstehen, dass viele Nazigrößen weiter auf einflussreichen Posten saßen. Und im Laufe meines Lebens konnte ich feststellen, dass der Staat und seine Organe auf dem rechten Auge meist blind waren. Umso aufmerksamer war man gegenüber der Linken. Das ist nicht nur hier so – dieses Phänomen gibt es weltweit. Danke, Claudia Hennen, für diesen erhellenden Artikel.

UNDINE MIX-FALTER, Simmerath

Probleme souverän meistern

betr.: „Die Ehre der Frauen. Wie wichtig ist ein verweigerter Handschlag“, taz vom 13. 4. 16

Bei einem männlichen Lehrerkollegen hätten wir von diesem „Fall“ nie gehört. „Islamischer Junge verweigert Schweizer Mann Handschlag“ funktioniert als Kulturkampf-Blaupause nicht in den Echoräumen des Internets und in der Presse. Hätte die schweizerische Lehrerin aufgrund einer „fremdkulturellen“ (Lehrerfort-)Bildung die „Idee“ (Charlotte Wiedemann) des Grüßens – des gegenseitigen Respekts – klug variiert und mit den beiden Jungs die im orientalischen Teil der Welt übliche Hand-aus-Herz-Grußgeste ausgetauscht, ich fürchte, wir hätten von den reflexartigen Skandalberichten aus der immer noch verwirrten Schweiz auch in der „klassischen“ Schüler-Lehrerin-Konstellation nie etwas zu hören oder zu sehen bekommen.

Nie werden wir erfahren, wie viele Lehrerinnen in der Eidgenossenschaft und in Resteuropa solche „Probleme“ souverän meistern. CHRISTOPH NESTOR, Dossenheim

Arm mit Mindestrente

betr.: „Altersarmut für fast alle“, Kommentar von Anja Krüger, taz vom 20. 4. 16

Anja Krüger hält eine Mindestrente für erforderlich als Mittel gegen Altersarmut. Angedachte Mindestrenten liegen aber meist auch nicht weit über der Armutsgrenze. Daher ist es schon von Interesse, dass das Rentenniveau nicht weiter abgesenkt wird, besser wäre eine Rücknahme der Kürzungsfaktoren, sodass eben ein Durchschnittsverdienst von etwa 2.500 Euro nicht zu einer Rente an der Armutsgrenze führt. Dringend erforderlich wäre auch ein Abbau der Beschäftigung im Niedriglohnsektor (Leiharbeit, Werkverträge etc.), durch die sich eben keine Anwartschaft auf eine zum Leben ausreichende Rente erwerben lässt.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Abgesicherte politische Kaste

betr.: „Altersarmut für fast alle“, taz vom 20. 4. 16

Liebe Anja Krüger, mit der Armutsrente begegnen Sie keinem „Phänomen“, sondern den Folgen rot-grüner Sozialrealität der 90er. Etwas mehr politischer Instinkt und eine – von mir von der taz erwartete – kritische Haltung würde den im Alter über die Maßen opulent Abgesicherten der politischen Kaste den bitterbösen Spiegel der Klassengesellschaft vorhalten, in der wir uns bewegen. Das wäre meine Erwartung an Kommentare. Ich kaufe doch eine politisch-parteiliche Zeitung – oder?

WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

Jede Woche auf die Straße

betr.: „Die Menschen zählen. Jeder einzelne“ von Bernd Pickert, taz vom 13. 4. 16

Danke, danke, danke für diesen großartigen Aufruf zu mehr Mitgefühl und Menschlichkeit.

„Wir müssen die Bilder aus Idomeni noch ein paar Wochen ertragen“, hat Minister de Maizière kaltschnäuzig verkündet. Müssen wir wirklich? Nein, müssen wir nicht! Aber wo bleibt der kollektive Gegenaufschrei all derer, die sich ein Gefühl für Anständigkeit, Moral und Verantwortung erhalten haben? Warum gibt es keine Demonstrationen auf den Straßen? Warum gibt es keine Petitionen, die zur Aufnahme der leidenden Flüchtlinge aus Idomeni aufrufen? Sie waren dort, lange bevor es den schmutzigen Deal mit der Türkei gab. Zumindest sie müssen endlich aus ihrem Elend herausgeholt werden.

Minister Ramelow hatte angeboten, 1.000 oder 2.000 der Idomeni-Flüchtlinge in Thüringen aufzunehmen. Die Bundesregierung lehnte ab. Und die Bilder aus Idomeni tauchen kaum noch in den Medien auf.

Warum stehen wir nicht endlich geschlossen auf gegen diese brutale und menschenverachtende Form der Abschreckung? Pegida geht jede Woche auf die Straße. Wann werden es die Anständigen ihnen gleich tun? BARBARA SKERATH, Köln