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„Die Menge der Container wird weiterwachsen“

Aussichten Bremen ist neben Niedersachsen Investor beim Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Der dortige Hafensenator Martin Günthner gibt sich trotz des schleppenden Starts optimistisch

dpa
Martin Günthner

40, ist seit 2010 Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen der Freien Hansestadt Bremen. Der Sozialdemokrat war zuvor selbständiger PR-Berater.

taz: Herr Günthner, welches sind die Gründe für die unbefriedigende Auslastung des Jade-Weser-Ports?

Martin Günthner: Das Container Terminal Jade-Weser-Port ist 2012 an den Start gegangen, ist also noch eine sehr junge Hafenanlage. Inzwischen nimmt der Umschlag deutlich zu, auch weil zunehmend sehr große Containerschiffe anlegen. Genau dieses Schiffsgrößenwachstum war ja eine Begründung für die Notwendigkeit dieses zusätzlichen Umschlagterminals im Bereich der Deutschen Bucht.

Dennoch, die Auslastung ist unbefriedigend.

Die zweite Prämisse, nämlich weltweit deutlich anwachsender Umschlag, hat sich so nicht bestätigt. Dadurch besteht in Nordwesteuropa im Moment ein Überangebot an Umschlagkapazitäten, und dies ist letztlich eine wesentliche Ursache für die noch unbefriedigende Auslastung des Jade-Weser-Ports.

Wie soll das Problem behoben werden?

Die Menge der Container wird weiter wachsen, allerdings nicht mehr so dynamisch. Damit wird auch Wilhelmshaven mehr Schiffe und mehr Ladung erwarten können. Und die rasant gewachsenen Schiffsgrößen werden sicherlich dazu beitragen, dass sich das Wachstum an der Jade verstetigt.

Reeder sagen gerne, da gibt es ja keine Ladung. Und die Transporteure antworten, da sind ja keine Schiffe. Wie könnte die Politik dieses Schwarze-Peter-Spiel beenden?

Für die Anziehungskraft eines Hafens sind etablierte Transportketten ein entscheidendes Kriterium. Ladung zieht Ladung. Das ist kein Schwarze-Peter-Spiel, sondern ein logistisches Gesetz. Ladungslenkung durch Politik ist mit Sicherheit die schlechteste Idee, um die Häfen an der Deutschen Bucht international stark zu halten.

Ist der Jade-Weser-Port als Tiefwasserhafen eine Konkurrenz zu Hamburg und Bremerhaven?

Eine Ergänzung. Wer die räumliche Situation in Bremerhaven kennt, weiß, dass dort Erweiterungen in den Nationalpark Wattenmeer ausgeschlossen sind. Insofern war der Bau des Tiefwasserhafens ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Deutschen Bucht. Das war und ist ein überzeugendes Argument.

Sollten die drei Häfen in Norddeutschland nicht besser miteinander kooperieren statt sich Konkurrenz zu machen?

Kooperation und Konkurrenz sind doch zwei Seiten derselben Medaille. Die drei Häfen sind ein Angebot an die Reeder, unsere hervorragenden Möglichkeiten an der Deutschen Bucht auch zu nutzen. Da muss man kooperieren, zum Beispiel weltweit auf Messen, aber die jeweiligen Stärken müssen gepflegt werden. Das stärkt die Hafen- und Logistikregion im Norden Deutschlands insgesamt.

Sind da nicht auch die Bundesländer Bremen, Hamburg und Niedersachsen gefragt? Sollte Hafenpolitik nicht sogar im Interesse aller als nationale Aufgabe verstanden werden?

Ja, Hafenpolitik ist immer auch eine nationale Aufgabe, und dass dies nicht nur in den Ländern, sondern auch beim Bund genauso bewertet wird, zeigt die Neuauflage des nationalen Hafenkonzeptes. Auch der neue Bundesverkehrswegeplan zeigt klar auf, dass sich der Bund seiner Verantwortung für die see- und landseitige Anbindung der Häfen bewusst ist.

Wäre eine Arbeitsteilung realistisch? Transhipment-Container werden in Wilhelmshaven auf andere Schiffe umgeladen, und die dann weniger tief gehenden Frachter fahren mit der Restladung weiter nach Bremerhaven und Hamburg?

Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen wie auf Inseln wie Malta oder aber an den Kanälen wie dem Suez oder dem Panama besteht ein singulärer Fokus auf dem Transshipment-Sektor. Dort macht eine solche Form der eindeutigen Arbeitsteilung sicherlich Sinn, nicht aber an der europäischen Küste. In allen europäischen Festlandhäfen besteht immer ein gewisser Mix aus Transshipment und Direktladung, natürlich mit unterschiedlichen Anteilen. Dies wird auch in Wilhelmshaven der Fall sein.

Von welchen Anteilen gehen Sie dort aus?

Bei den Planungen zum Bau des Jade-Weser-Ports war davon ausgegangen worden, dass etwa 70 Prozent der Umschlagmengen dem Transshipment zuzuordnen sein werden. Im Moment liegt diese Rate noch etwas höher, aber es besteht gerade in Niedersachsen die Erwartung, dass mehr und mehr Hinterland-Container den Jade-Weser-Port beleben. Politik wird den Weg eines Containers nicht bestimmen. Das regelt der Markt und der sucht sich das passende Angebot.

Könnte mehr Arbeitsteilung zwischen den Häfen die Ausbaggerungen von Außenweser und Unterelbe überflüssig machen?

Nein. Bremerhaven und Hamburg dürfen nicht von der Zukunft der Seeverkehrswirtschaft abgekoppelt werden.

Auf längere Sicht könnte eine Erweiterung des Jade-Weser-Ports anstehen: Sollte dies als Gemeinschaftsprojekt zusammen mit Hamburg realisiert werden?

Längere Sicht halte ich für eine kluge zeitliche Einschätzung. Ob sich das dann Wünschenswerte auch als machbar herausstellt, muss sich zeigen.

Interview:Sven-Michael Veit

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