Bert Schulz fährt sorgenvoll durch die Stadt: Wenn sich die Radler im Frühling näherkommen
Meldungen wie diese kennt man von Autofahrern: Eine 30-jährige Verkehrsteilnehmerin prallt auf einen vor ihr fahrenden 25-jährigen Verkehrsteilnehmer, weil der aus unerfindlichen Gründen bremst. Die Frau muss mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus, der 25-Jährige bleibt heile. So passiert auf der Prenzlauer Allee.
Aufeinander geknallt sind am Montagabend indes nicht zwei Autos, sondern zwei Fahrräder. Wer dieser Tage durch die Stadt radelt, wird davon nicht überrascht sein. Auf den schmalen und oft holprigen Radwegen, die mehr Gefährdung darstellen als Sicherheit bieten, hat der Verkehr zugenommen. Weswegen weniger als 20 Prozent davon noch benutzt werden müssen.
Dass Radler aufeinander anziehend wirken, hängt aber auch mit dem Frühling zusammen. Immer wenn die Knospen sprießen, holen viele Menschen ihr im Winter eingemottetes Hollandrad aus dem Keller und drehen erste Runden im Berufsverkehr – so jugendlich leicht, so unbeschwert, so glücklich, dass sie gerne mal auf offener Strecke einfach stehen bleiben oder ganz spontan die Richtung wechseln. Und damit nicht aufmerksamer sind als all jene von Radlern viel kritisierten Autofahrer, die ohne in den Spiegel zu blicken die Tür öffnen.
Gut möglich, dass sich viele Radler den Autofahrern angepasst haben, weil sie allzu oft auf denselben Wegen unterwegs sein müssen. Ändern soll das jetzt ein Landesbetrieb zum Ausbau der Fahrradinfrastruktur, den Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) gründen will. „Ankündigungsweltmeister“ schimpfen ihn die Grünen, weil sie Geisel nicht so recht trauen. Bei machen Radlern wäre indes schon viel geholfen, wenn sie ihren Richtungswechsel einfach ankündigen würden.
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