Stefan Reinecke über den Kurs der CDU
: Ab durch die Mitte

Die unfallfreie Anpassung an die städtischen Milieus ist Merkels größter Erfolg

Es klingt wie eine gute Nachricht: Die CDU will die AfD nicht durch Anpassung bekämpfen. Die scharfe Wende nach rechts ist sonst ein üblicher Reflex, mit dem konservative Parteien auf Rechtspopulisten reagieren. In Großbritannien treibt Ukip die Tories vor sich her. In Frankreich imitieren Nicolas Sarkozy und François Hollande zum Teil die Rhetorik des Front National. Das ist moralisch verwerflich wie politisch kurzsichtig. Solche Reißschwenks der Regierenden verströmen Angstschweiß, kein Selbstbewusstsein. Außerdem begeben sich die Etablieren auf ein Spielfeld, auf dem sich Le Pen, von Storch & Farage besser auskennen: dem des populistischen Ressentiments.

Die Merkel-CDU scheint auf diese Rolle rückwärts zu verzichten. Sie will nicht zurück zu den Zeiten, als junge Männer zur Bundeswehr gezogen wurden, die Vater-Mutter-Kind-Familie das Idealbild war und die Energiewende Ökospinnerei. Die unfallfreie Anpassung der CDU an die städtischen Milieus, in denen Selbstverwirklichung großgeschrieben wird, ist Merkels größter politischer Er­folg. Es wäre töricht, diesen der AfD wegen aufs Spiel zu setzen. Kurzum: Die CDU gibt sich vernünftig, die CSU macht bei Bedarf den Wutbürger. Dieses Rollenspiel kommt auf jeden Fall besser an als das von Sigmar Gabriel, der in Personalunion mal als Hau­drauf, mal als Staatsmann auftritt.

Einer aber fehlt in diesem Bild: Thomas de Maizière. Der CDU-Innenminister spielt, ohne viel Aufhebens davon zu machen, den Gusseisernen. Man müsse „harte Bilder aushalten“, erklärte er kürzlich mit Blick auf Idomeni. Das war ein wörtliches Zitat von AfD-Mann Gauland, der die Parolen „Grenzen dicht“ und dann „grausame Bilder“ ertragen ausgegeben hatte. Flüchtlinge, die den Deutschkurs schwänzen, will der Innenminister rauswerfen. Wen kümmert es, dass viel zu wenig Deutschkurse angeboten werden?

Das ist Merkel-Politik. Moderat und mittig. Plus de Maizière.

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