Uni tritt nach unten

Druck Das Prüfungsamt der Bremer Universität zieht härtere Seiten auf und verteilt eigenmächtig Fünfen. Damit überschreite es seine Kompetenzen, beklagt der Asta. Das zuständige Dezernat betont, rechtskonform und im Sinne der Studierenden zu agieren

Studieren in Bremen: Wer sich zur Prüfung meldet, muss auch hin – sonst kann die Exmatrikulation drohen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

von Henning Bleyl

Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Bremer Universität wirft dem Zentralen Prüfungsamt der Hochschule „erpresserische Methoden“ vor. Hintergrund dieser laut Asta „neuen Stufe der Eskalation“ ist ein schon seit Ende vergangenen Jahres ausgetragener Streit um Benotungsrichtlinien – mit Folgen bis hin zu Zwangs-Exmatrikulationen.

Im Kern geht es um die Frage, wie das Prüfungsamt mit nicht gemeldeten Benotungen umgehen darf. Während früher längere Zeiträume zwischen dem Ende eines Studien-Moduls und dem Eingang der dazugehörigen Leistungsbeurteilung akzeptiert wurden, hat das Prüfungsamt im vergangenen Wintersemester eine strikte Sechs-Wochen-Regel eingeführt: Wenn dann keine Note vorliegt, gilt die Prüfung automatisch als nicht bestanden.

„Eigenmächtige Fünfen“ seien das, sagt der Asta: Das Prüfungsamt überschreite damit seine Kompetenzen. Es dürfe Noten nur verwalten, nicht aber selbst vergeben. Das „eigenmächtige“ Eintragen von Noten sei „eine Disziplinierungsmaßnahme von bisher unbekannter Schärfe“.

Aus Sicht von Christina Vocke, der Leiterin des Dezernats für studentische Angelegenheiten, geschieht das allerdings im Sinne der Studierenden: „Wir tun niemandem einen Gefallen, wenn wir offene Prüfungsleistungen lange mitschleppen lassen.“ Das Vorgehen des Prüfungsamts sei „zu hundert Prozent rechtskonform“, es führe lediglich die gültige Prüfungsordnung aus. Wenn der Asta nicht wolle, dass aus der Zulassung zu einer Prüfung auch die Pflicht zur Teilnahme entstehe, müsse er einen Antrag auf Änderung der Prüfungsordnung stellen.

Im Unialltag gibt es zahlreiche Gründe für längerfristige Benotungszeiträume. Dazu zählen Absprachen zwischen DozentInnen und Studierenden über später abzulegende Prüfungen. Keineswegs, betont der Asta, sei es „Aufgabe von StudentInnen, Erziehungsarbeit gegenüber ihren DozentInnen zu leisten“ – damit feststehende Ergebnisse zeitgerecht dem Prüfungsamt übermittelt werden.

Das Prüfungsamt verstärke mit seinem „fragwürdigen Vorgehen den seit Beginn der Bologna-Reform ohnehin massiv erhöhten Leistungs-, Zeit- und Effizienzdruck von StudentInnen“. Auch der Umstand, dass das Prüfungsamt angesichts eingesparter Stellen seinerseits unter Effizienzdruck leidet, ist für den Asta keine akzeptable Erklärung. Denn: „Anstatt mit der Uni-Leitung um mehr Stellen zu kämpfen, wird nach unten getreten“, beklagt Asta-Vertreterin Irina Stinga.

Als schwächste Gruppe im System Uni hätten die Studierenden die Konsequenzen von Personalnöten zu tragen: Eine eingetragene Fünf führe dazu, dass die Betroffenen nach drei Folgesemestern automatisch exmatrikuliert würden, sofern die Prüfung in der Folgezeit nicht erfolgreich abgelegt wurde.

Dabei gehe es „nicht um individuelle Härtefälle“, betont Stinga, „sondern um ein grundsätzliches Problem“. An die 200 „durchgefallene“ Studierende hätten sich vom Asta beraten lassen. Stinga geht davon aus, dass die Gesamtzahl der Betroffenen um ein Mehrfaches höher liegt.

„Das ist eine Disziplinierungsmaßnahme von bisher unbekannter Schärfe“

Irina Stinga, AStA der Uni Bremen

Der Asta rät, Widerspruch gegen „Benotungen“ seitens des Prüfungsamts einzulegen – auch, wenn dies zu unangenehmen Situationen führe: Laut Asta werden die Betroffenen zu persönlichen Gesprächen im Prüfungsamt eingeladen, auf denen ihnen „mit einschüchternden und erpresserischen Methoden“ die Rücknahme des Widerspruchs nahegelegt würde.

Konkret würde die Rücknahme der die Exmatrikulation aufschiebenden Kulanzfrist von zwei Semestern angedroht. Für Vocke wiederum ist das schlicht eine „logische Konsequenz“ des Widerspruchs. Die Frau vom Dezernat hält es für einen schlechten Ratschlag, diesen einzulegen.

Einig sind sich Asta und Dezernat immerhin darin, dass eine Rückkehr zur dezentralen Struktur des Prüfungsamtes wünschenswert wäre – obwohl über ein Viertel der fast 20.000 Bremer Uni-StudentInnen mehreren Fachbereichen angehört. Die fünf naturwissenschaftlichen und technischen Fachbereiche an der Uni verfügen noch über eigene Prüfungsämter, während für die übrigen sieben Fachbereiche das zentrale Prüfungsamt eingerichtet wurde – das laut Asta weder auf individuelle noch auf fachliche Belange Rücksicht nimmt. Vocke hält eine Umstrukturierung für zu kostenaufwendig.

Der Asta will das nicht auf sich beruhen lassen und plant „eine größere Aktion, die nicht übersehen werden kann“.