Drama Queens unter sich

Rollenspiele Colin Rothbarts Doku "Dressed as a Girl" beim vierten Kieler Transgender Filmfestival ist eine Reise durch die Subkultur von Los Angeles

Auch eine Frau kann eine Drag-Queen sein. Holestar ist ein Star der Drag Scene im Londoner East End. Und sie ist eine Frau, die sich mit viel Aufwand so schminkt und kostümiert, dass sie aussieht wie ein Mann, der versucht, eine Frau zu sein.

Damit ist sie die schrägste Protagonistin in der Dokumentation „Dressed as a Girl“. Der Film stellt sechs Freunde und Performer aus dieser alternativen Szene vor – allesamt Paradiesvögel.

Jonny Woo ist der talentierteste unter ihnen: Er kann wirklich tanzen und singen. Ihm könnte sogar eine Mainstream-Karriere gelingen, falls er sich nicht vorher ins Grab säuft, denn er ist schon wiederholt als klinisch tot ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Und Amber war einmal Dean, an den nur noch einige Tätowierungen erinnern. Denn nach einer Brustimplantation hat sie sich in eine Frau verwandelt, die als Model ihr Geld verdient. Mit ihrem Vater hatte sie jahrelang keinen Kontakt, und das Treffen der beiden ist der dramatische Höhepunkt des Films.

Für den Vater ist es zuerst eine große Überwindung, seinem Kind in die Augen zu sehen. Später sagt er, Amber werde immer sein Sohn bleiben; unklar bleibt, ob Amber enttäuscht ist oder froh. Denn wie alle Protagonisten ist sie eine Drama-Queen, die auch in persönlichsten Momenten eine Vorstellung gibt.

Sechs Jahre lang hat Colin Rothbart die sechs Freunde mit der Kamera begleitet und eine schrille Milieustudie erstellt. Sie läuft am Eröffnungsabend des schon vierten Transgender Filmfestivals in Kiel. Allerdings nicht, wie das restliche Programm, im Traumkino, sondern bei freiem Eintritt im Cafe Godot.

Inzwischen sind Themen wie Transsexualität, Intersexualität oder Cross-Dressing allerdings auch im Mainstreamkino angekommen, und so werden in Kiel auch Roland Emmerichs „Stonewall“, „Eine neue Freundin“ von Francois Ozon und Tom Hoopers „The Danish Girl“ gezeigt.

Eine Entdeckung ist dagegen „Tangerine“ von Sean S. Baker, 2015 beim Sundance Filmfestival als erster mit Smartphones gedrehter Film gefeiert. Er handelt von einer transsexuellen Prostituierten, die aus dem Gefängnis kommt und erfährt, dass ihr Zuhälter sie betrog. Am Heiligabend macht sie sich mit einer Freundin auf die Suche nach ihm.

Die Geschichte ist ein Vorwand für Baker, um seine Protagonistinnen, die auch in der Realität Transsexuelle und beste Freundinnen sind, auf eine faszinierende Reise durch die Subkulturen von Los Angeles zu schicken. HIP

Transgender Filmfestival: 15.–17.4., Kiel