Einheitsdenkmal steht auf der Kippe: Es hat sich ausgewippt
Gut möglich, dass die geplante Einheitswippe am Schlossplatz doch nicht gebaut wird. Warum das halb so wild ist? Eine Betrachtung.
Leipzig hat sich von seinem Plan eines Freiheits- und Einheitsdenkmals schon vor längerer Zeit verabschiedet. Am Mittwoch wurde bekannt, dass der „Einheitswippe“ in Berlin ein Gleiches blüht, weil der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags mögliche Mehrkosten nicht riskieren will. Mit der Berliner Schaukel am Schlossplatz hat es sich also ausgewippt. So richtig traurig scheint aber niemand zu sein. Warum?
Die Ursachen für das Aus liegen in Wirklichkeit weniger in der möglichen Kostenexplosion des bereits von 10 auf 15 Millionen Euro angewachsenen Projekts. Auch die Denkmalpfleger sind nicht schuld, weil sie sich Sorgen um das historische Fundament am Schlossplatz machten. Der Grund liegt vielmehr darin, dass die Kulturpolitiker des Bundes, Staatsministerin Monika Grütters inklusive, es nie geschafft haben, die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit und Symbolik der von Sasha Waltz und einem Stuttgarter Designerbüro entworfenen Betonschale zu überzeugen.
Denn was als Nationaldenkmal für die friedliche Revolution vom Bundestag 2007 beschlossen wurde und aus dem Bauwettbewerb hervorging, mutierte bald zur Spiel-und-Spaß-Wippe im Volksmund. Als Chiffre für 1989 taugte das Monstrum niemals. Und gefährlich – es drohte Sturzgefahr – war das schaukelnde Ding obendrein. Anders gesagt, an ernsthaften Sinngebungen mangelte es immer.
Für Grütters ist das Scheitern der Wippe natürlich eine Schmach. Aber mehr auch nicht. Sie wird sagen, dass die Haushälter dafür verantwortlich sind. Es wird zudem wieder die Debatte losgehen, ob wir Deutsche nur Heldendenkmäler oder Mahnmale für Opfer könnten, aber keine künstlerische Form für die friedliche Revolution und das „Glück der Einheit“ (Wolfgang Thierse) zur Hand hätten. Das macht aber nichts. Nachdem die komische Wippe endlich weg ist, bleibt jetzt Zeit, sich was Neues zu überlegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen