Vandalismus am Opfer-Täter-Tor

DENKMAL Das umstrittenen Mahnmal für Nazi-Opfer und SS-Männer ist nur noch ein Scherbenhaufen. Unbekannte Täter zerstörten die gläsernen Gedenkstafeln in Burgdorf

In der Nacht zu Montag verwandelten Steinewerfer die gläsernen Gedenktafeln in einen Scherbenhaufen

VON MICHAEL QUASTHOFF

Ein Mahnmal, das SS-Männer und Nazi-Opfer gleichberechtigt würdigen sollte: Auf diese krude Idee kam man im Städtchen Burgdorf, vor den Toren Hannovers. Trotz weltweiter Proteste seitens jüdischer Organisationen und Anschlagsdrohungen wurde das umstrittene „Tor der Erinnerung“ am Volkstrauertag eingeweiht. Es überstand gerade mal zwei Wochen. In der Nacht zu Montag verwandelten Steinewerfer die gläsernen Gedenktafeln in einen Scherbenhaufen. Der Bürgermeister will das Mahnmal wieder in Stand setzen lassen – mit den Namen der braunen Sturmstaffel-Kämpfer.

Dass etwas passieren würde, war vorauszusehen. Kurz vor dem Volkstrauertag kursierte im Internet ein mit „Lindener Butjer“ gezeichneter Aufruf, die Enthüllung des umstrittenen, immerhin 220.000 Euro teuren Mahnmals zu stören. O-Ton: „Deutsche Täter sind keine Opfer! Nieder mit dem Denkmal für Nazis!“ Daraufhin nahmen sich Staatsschützer der Sache an.

In Burgdorf residiert Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und da sollte Ärger möglichst vermieden werden. Vergeblich. Die Täter zerstörten jedoch nur jene zwei Sicherheitsglasscheiben, in die die Namen der gefallenen Soldaten und SS-Männer graviert waren. Die Tafel der Opfer blieb unversehrt.

Wie die taz berichtete, hatten die Simon-Wiesenthal-Stiftung und die Deutsch Israelische Gesellschaft ihre Empörung über das Mahnmal geäußert. Die jüdischen Gemeinden Niedersachsens verbaten sich die Nennung dreier Burgdorfer Glaubensbrüder, die von Nazis ermordet wurden. All das führte zu einem „blöden Gesamtbild“ seines Gemeinwesens, wie Bürgermeister Hendrik Hoppenstedt (CDU) damals einräumte.

Es dürfte nicht besser werden, wenn er das Denkmal wieder aufbauen will. Der Anschlag erwischte ihn im Urlaub. Von seinem Feriendomizil aus gab sich der 37-Jährige trotzig. Er werde „sich von niemandem diktieren lassen, wie unsere Erinnerung zu sein hat“. Das klingt komisch. Schließlich wurde das Denkmal von ein paar ewig Gestrigen, die das Gros der Lokalpolitik stellen, durch den Ortsrat bugsiert. Anfangs weigerte man sich sogar, 27 in Burgdorf ermordete Kinder polnischer Zwangsarbeiterinnen auf den Gedenkstein zu schreiben. Auch die Recherchen nach verbrecherischen Verstrickungen der fünf auf dem Mahnmal verewigten SS-Leute sollte verhindert werden.

Inzwischen hat das niedersächsische Institut für Regionalforschung verlauten lassen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Schwarzhemden an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Daraufhin ließ Hoppenstedt die Namen verhüllen. Geholfen hat es nichts und neuer Ärger ist vorprogrammiert.